Android und das Open Source Konzept

von Stefan Labesius
 
Die Free Software Foundation Europe (FSFE) weist in ihrem jüngsten Aufruf auf die bestehenden Schwierigkeiten und Probleme für Open Source Software beim Mobilgerätebetriebssystem Android hin. Schwierigkeiten bestehen vor allem deshalb, weil zum einem die Entwicklung und Integration von Open Source Software in Android durch ein restriktives Lizenz- und Releasekonzept erschwert wird. Zum anderen ist nach Meinung der FSFE durch die fehlende Offenheit der Software schwer nachvollziehbar, in welcher Weise Daten des Nutzers und solche über sein Nutzungsverhalten verwendet und an Dritte weitergeleitet werden.
 

 
In der Tat sieht das Lizenzkonzept für Android vor, dass möglichst wenige Lizenzpflichten zur Offenlegung von Quellcode bestehen, dass also, so weit wie möglich, keine Open Source Lizenzen mit Copyleft-Effekt (vgl. hierzu im ifrOSS-Lizenzcenter) Verwendung finden sollen. Beispiele sind hier die Kernbibliothek bionic libc, die im Gegensatz zur glibc nicht unter einer LGPL, sondern unter einer BSD-Lizenz lizenziert wird (vgl. hierzu Nachricht der Woche vom 27. März 2011). Und auch die in Android integrierte Dalvik Virtual Machine zur Steuerung von Apps steht - wie die meisten sonstigen Softwarebestandteile von Android mit Ausnahme des Kernels - unter der Apache Lizenz 2.0, die ebenfalls keine Copyleft-Verpflichtungen vorsieht. Dementsprechend verweist die FSFE in ihrem Aufruf auf die Möglichkeiten zur Installation von Open Source Apps (z.B. durch F-Droid).
 
Auch bei der Entwicklung von Android soll schon von vornherein kein zusätzlicher Code berücksichtigt werden, der zu einer Offenlegung des Quellcodes verpflichtet. Ausdrücklich werden vom Android Open Source Project (AOSP) beispielsweise keine GPL- oder LGPL-lizenzierte Softwarebibliotheken akzeptiert. Dies führt letztlich dazu, dass der Quellcode wesentlicher Programme im sog. Userspace von Android nicht offengelegt werden muss.
 
Die Veröffentlichungspraxis des Quellcodes von Android-Software selbst folgt ebenfalls einer eher restriktiven Linie. Eine Offenlegung des Quellcodes erfolgt in der Regel nur, wenn nach Auffassung des AOSP die entsprechende Entwicklung fertiggestellt bzw. wenn eine neue Hardware-Plattform erhältlich ist. Eine solche restriktive Veröffentlichungspolitik ist zwar grundsätzlich mit den Vorgaben der GPL v2 bzw. GPL v3  vereinbar. Denn dort wird keine unbedingte Pflicht zur Offenlegung statuiert, sondern lediglich eine Pflicht zur Offenlegung, wenn die (veränderte) Software weitergegeben wird (vgl. Ziff. 2 lit. b GPL v2 sowie Ziff. 2 und Ziff. 5 lit. c GPL v3).
 
Allerdings führt diese Veröffentlichungspraxis zu einer faktischen Bindung an die Entwicklung der jeweiligen Hardware-Plattform. Bemerkenswert ist, dass eine solche Regelung im Rahmen einer Lizenz wohl in Konflikt mit der Open Source Definition der Open Source Initative stünde. Denn danach dürfen Lizenzbestimmungen, die der Open Source Definition entsprechen sollen, nicht auf eine bestimmte Technologie abstellen. Koppelt man aber die Offenlegung des Quellcodes an die Entwicklung entsprechender Hardware, wird eine technologieneutrale Entwicklung behindert. Eine Klarstellung der Open Source Definition wäre im Hinblick auf eine Beschränkung solcher faktischen Kopplungen daher in Zukunft wünschenswert.