Berlin: Keine freien Masten für freies WLAN

Von Dr. Olaf Koglin
 
Das Land Berlin ist um eine Provinzposse reicher: Das Projekt eines kostenlos nutzbaren WLAN-Netzes wird abermals vom Senat verzögert.

 
Hintergrund:

Bereits seit über drei Jahren sind Planungen im Gange, in den touristischen Zentren von Berlin ein frei zugängliches und kostenlos nutzbares Funknetz aufzubauen. Im Gegensatz zu Projekten wie freifunk.net, die dem Open-Source-Gedanken entsprechend allen Nutzern die Gelegenheit zur Beteiligung geben und auf einer gemeinschaftlichen Infrastruktur aus unabhängigen Nodes bestehen, handelt es sich hierbei um ein zentral geleitetes Netz eines kommerziellen Betreibers. Mit den bekannten Worten von Richard Stallman ist dieses WLAN also lediglich frei im Sinne von Freibier, nicht von Free Speech.

Aber auch eine professinelle Hauptstadtversorgung mit Freibier-WLAN ist ja eine feine Sache - wenn es denn einmal so weit kommt. Als Beteiber steht seit langer Zeit die Stuttgarter Firma Airdata bereit, die dem Land Berlin als letzter verblieben ist und inzwischen auch schon einiges investiert hat. Da die WLAN-Stationen nicht nur an Laternenmasten, sondern auch an Ampeln installiert werden sollen, hatte Airdata auf Grund der Bedenken des Senats für Stadtentwicklung und Verkehr zuletzt die Unbedenklichkeit vom Ampel-Betreiber Nuon bestätigen lassen, berichtet die Berliner Morgenpost.

Die landespolitische Unterstützung für ein öffentliches WLAN-Netz in Berlin startete laut Morgenpost im März 2007 recht positiv, als Staatssekretäre aus der Wirtschafts- und der Stadtentwicklungsverwaltung die Bedingungen einer Nutzung von Straßenlaternen für einen Pilotversuch absprachen und vier Wochen später grünes Licht gaben. Nach der Klärung von weiteren Detailfragen habe, so die Morgenpost, zog im November zog die Staatssekretärin des Stadtentwicklungssenats ihr Einverständnis für einen Pilotversuch wieder zurück.

Neben den geäußerten Sicherheitsbedenken bezüglich der Ampeln hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr nun auch Sorgen, die Antennen der WLAN-Router könnten das Stadtbild beeinträchtigen. Diese Bedenken hat bereits n-tv mit einer visuellen Darstellung gelungen hinterfragt - und Berlin-Besuchern wird dieses Argument gerade jetzt Wahlplakate abwegig erscheinen, wo an jedem Laternenmast Wahlplakate hängen.

Gleichwohl sind die Positionen derzeit festgefahren: Die Senatsverwaltung will über jeden der Router-Standorte einzelfallbezogen entscheiden, während Airdata solche Einzelfallentscheidungen angesichts der 5000 Standorte für unzumutbar hält. "Wie wollen sie ein Netz planen," wird der Airdata-Sprecher Thomas Katz von der Morgenpost zitiert, "wenn sie 5000 Mal einzelne Genehmigungen verhandeln müssen?"