Bundesrat entscheidet über Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie

Von Dr. Till Kreutzer
 
Etwa zwei Monate nachdem der Bundestag das "Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" verabschiedet hat, wird der Bundesrat an diesem Freitag hierüber entscheiden. Es ist zu erwarten, dass die Länderkammer keinen Einspruch gegen die Fassung des Bundestages erheben und den Vermittlungsausschuss nicht einberufen wird. Der Rechtsausschuss im Bundesrat hat dies jedenfalls empfohlen.

 
Hintergrund:

"Passiver Protest" könnte man die Reaktion bezeichnen, die der Rechtsausschuss im Bundesrat seinen Abgeordneten empfiehlt. Einerseits soll die Länderkammer den Vorschlag des Bundestages durchwinken, ohne dass ein weiterer Versuch unternommen werden soll, über die doch zum Teil grundlegenden Änderungsvorschläge am Regierungsentwurf erneut zu verhandeln. Auf der anderen Seite empfiehlt der Fachausschuss, eine Entschließung zu verabschieden, nach der man es "bedauert", dass der Bundestag die meisten Änderungswünsche nicht berücksichtigt habe. Besonders bedauern soll der Bundesrat, dass die Vorschläge zum Auskunftsanspruch gegen Online-Provider und den doppelten Schadensersatz nicht aufgegriffen wurden. Der Bundesregierung soll der (unverbindliche) Auftrag erteilt werden, beide Regelungsbereiche noch einmal zu untersuchen beziehungsweise zu beobachten.

"Der Bundesrat hält daran fest, dass die bisherige Rechtslage bei Schadenersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums nicht befriedigend ist." heißt es in dem Formulierungsvorschlag für die Entschließung zunächst. Begründung: Da es in Schadensersatzprozessen um die Verletzung geistiger Eigentumsrechte meist weder möglich ist, den konkreten, beim Verletzten entstandenen Schaden nachzuweisen noch den vom Verletzer erzielten Gewinn, scheiden diese beiden Berechnungsformen in der Regel aus. Es verbleibt daher meistens nur, den Schaden anhand der sogenannten Lizenzanalogie geltend zu machen, wonach der Verletzte eine Lizenzgebühr in der Höhe zu zahlen hat, die die Parteien in einem Lizenzvertrag üblicherweise vereinbart hätten. "Der Verletzer muss damit im Ergebnis nicht mehr zahlen als es auch bei einer vertraglichen Nutzungsrechtseinräumung der Fall gewesen wäre, womit die Rechtsverletzung für den Verletzer relativ risikolos ist." soll sich der Bundesrat nach Ansicht seines Rechtsausschusses (erneut) beschweren. Der Bundesrat hatte in seinen Änderungsvorschlägen angeregt, dieser Lage durch eine neue Beweislastregelung zu begegnen. Hiernach sollte widerlegbar vermutet werden, dass der Verletzer einen Gewinn in Höhe einer doppelten Lizenzgebühr erzielt hat. Folge wäre gewesen, dass der Verletzer das Gegenteil (also dass er tatsächlich nur einen Gewinn in Höhe einer einfachen Lizenzgebühr erzielt hat) hätte beweisen müssen, um dem doppelten Schadensersatz zu entgehen.

Der Bundesrat begründete seinen erneuten Vorstoß in diese Richtung (die Debatte um erhöhte Schadensersatzforderungen bei Immaterialgüterrechtsverletzungen wird schon seit langem geführt) mit dem üblichen Argument, dass Rechtsverletzer ansonsten kein Risiko trügen und nur auf diese Weise erreicht werden könne, dass sich derartige Rechtsverstöße nicht lohnten. Die Bundesregierung trat dem entgegen, unter anderem mit dem Hinweis, dass dies auf die Einführung eines - in Deutschland - systemwidrigen Strafschadensersatzes hinausliefe. Hiergegen soll der Bundesrat nach Empfehlung des Rechtsausschusses wiederum opponieren, allerdings nur in Form des unverbindlichen - dafür aber ebenso wortreich wie kompliziert begründeten - Hinweises, dass der Änderungsvorschlag des Bundesrates gerade keinen Strafschadensersatz vorgesehen habe.

Erneut soll der Bundesrat zudem seinen Unmut über die Regelungen zum zivilrechtlichen Auskunftsanspruch äußern. Dieser gehe meist ins Leere, befürchtet der Rechtsausschuss. In der Tat: Damit die Provider personenbezogene Daten ihrer Kunden auf Anfrage der Rechteinhaber herausgeben dürfen, bedarf es einer Regelung, die eine solche Datenherausgabe erlaubt. Diese Regelung wird durch das "Durchsetzungsgesetz" nicht geschaffen und das hierfür an sich berufene Telekommunikationsgesetz (TKG) sagt ausdrücklich, dass solche Art Verkehrsdaten nur an die zuständigen staatlichen Stellen (wie zum Beispiel die Staatsanwaltschaften) herausgegeben werden dürfen, nicht aber an Unternehmen. Würde - und hierauf weißt der Rechtsausschuss erneut hin - das Gesetz wie geplant und ohne weitere Änderungen im TKG in Kraft treten, hätte das die groteske Folge, dass etwa eine Plattenfirma einen Auskunftsanspruch (auf Herausgabe persönlicher Daten etwa eines Tauschbörsennutzers) gegen den jeweiligen Provider hätte, der Provider diese Daten aber gar nicht rausgeben dürfte. Der Auskunftsanspruch wäre damit ein zahnloser Tiger.

Folgt der Bundesrat am Freitag erwartungsgemäß den Empfehlungen seiner Fachleute und kommt auch bei der Ausfertigung und Veröffentlichung des Gesetzes nichts unvorhergesehenes dazwischen, könnten die geänderten Regelungen im (unter anderem) Patent-, Marken- und Urheberrechtsgesetz zum 1.8.2008 in Kraft treten.