Microsoft erhält Preis für Initiative gegen OOXML

Von Olaf Koglin
 
Microsoft ist mit dem der FFII ausgelobten "Kayak Prize 2007" ausgezeichnet worden und damit für Lobby-Bemühungen um die ISO-Standardisierung von Office Open XML (OOXML) prämiert worden. Dass Microsoft seine Interessen mit gut ausgestatten Kampagnen vertritt, ist an sich nichts ungewöhnliches. Allerdings sollte der mit 2500 € dotierte FFII-Preis die beste Kampagne gegen OOXML belohnen, während die Redmonder mit ihrer Tätigkeit eigentlich die Zertifizierung von ihres OOXML-Standards unterstützen wollten.

Hintergrund:

Losgelöst von der vom World Wide Web Consortium (W3C) 1998 herausgegebenen XML-Spezifikation gibt es verschiedene Spezifikationen von Office-Dokumenten: Neben dem ISO-zertifizierten Open Document Format bestehen u.a. die Dokumentarten von Microsofts Office-Suite (.doc, .xls, .ppt). Sie stellen durch ihre weite Verbreitung einen de-facto-Standard dar, wenngleich ihr Inhalt nicht offen gelegt wurde und von Microsoft einseitig mit jeder neuen Programmversion geändert werden kann (und oft auch wird). Zwar gewährt Microsoft bestimmten Lizenznehmern Einblick in die Spezifikation. Die Lizenzkosten und der Aufwand sind jedoch vielen Open Source-Projekten zu groß.

Microsoft wollte nun seinen OOXML-Standard von der ISO zertifizieren lassen. Nachdem OOXML bereits im Dezember 2006 durch die Ecma zertifiziert wurde, wandten sich diverse Institutionen gegen die ISO-Zertifizierung, darunter auch der FFI e.V. Denn mit dem Open Document Format exisiert schon eine ISO-Norm. Und mit den Worten von Benjamin Henrion, Mitarbeiter der FFII-Kampagne und Betreiber von noooxml.org: "Microsoft's format is not open, not a standard, and not XML."

Neben der eigenen Initiative noooxml.org wurde ein Preis für die beste Kampagne gegen OOXML ausgelobt. In Gedenken an die Aktionen bei der Softwarepatentdiskussion, als 2005 vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments neben der von Wirtschaftsverbänden angemieteten Yacht zwei kleine Kayaks mit Aktivisten paddelten, wurde der Preis "Kayak Prize 2007" getauft. Dazu Henrion: "The Kayak symbolises individual skill and collective aktion."

Die im angestrebten ISO-Schnellverfahren erforderlichen 75%-ige Mehrheit wurde Presseberichten zu Folge nur um eine Stimme verfehlt. Während im Rahmen des ISO-Antrags gegen die rund 6000 Seiten starke Spezifikation über zehntausend technische Kommentare eingingen, versuchte Microsoft Presseberichten zu Folge Einfluss auf die nationalen Entscheidungsträger zu nehmen. Der Schweizer Newsletter inside-it.ch zitierte einen Blogger, wonach Microsoft zahlreiche Gold-Partner mobilisiert habe, um in der Schweizerischen Normen-Vereinigung für die Anerkennung von OOXML zu votieren. Microsoft hat diese Vorwürfe allerdings zurückgewiesen; die Eidgenossen stimmten letztendlich für OOXML.

Gleichwohl scheint es weitere Verdachtsmomente für Unregelmäßigkeiten gegeben zu haben. Das Verfahren zu dem deutschen "Ja" wurde mehrfach bemängelt, wegen Unregelmäßigkeiten entschlossen sich Ungarn zu einem zweiten Wahlgang und Schweden statt der Zustimmung zu einer Enthaltung, und auch in Polen soll Microsoft "ungebührlichen Lobby-Einfluss" genommen haben.

Nachdem die Abstimmung zu dem ISO-Fast-Track-Verfahren negativ verlaufen war, entschloss sich die FFII, den Kayak-Preis direkt an Microsoft zu verleihen, da die Redmonder ihr Format durch die eigenen Anstrengungen selbst diskreditiert hätten, so Hintjens von noooxml.org. "We could never have done this by ourselves. By pushing so hard to get OOXML endorsed, ... Microsoft showed to the world how poor their format is."

Der Gewinner kann das Preisgeld von 2500 € - nach Abzug von 12 € für die Registrierungskosten für noooxml.org - nun bei der FFII zusammen mit der Verleihungsurkunde entgegennehmen. Falls es nicht abgeholt wird, soll es den Peruanischen Erdbebenopfern gespendet werden.

Ähnlich wie die computerimplementierten Erfindungen ist das Thema ISO-Zertifizierung aber noch nicht erledigt. Im Februar 2008 folgt die Abstimmung im ordentlichen Verfahren, das nun eingeleitet wurde, nachdem die Fast-Track-Abstimmung negativ ausfiel. Die FFII und alle anderen Initiativen haben also nochmal die Möglichkeit, bessere Öffentlichkeitsarbeit als ihr Lieblingsfeind zu machen.