Die Zukunft der europäischen Informations- und Kommunikationstechnologien

Von Carsten Schulz
 
Die niederländische Regierung, die zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat eine Studie mit dem Titel "Rethinking the European ICT Agenda -- Ten ICT breakthroughs for reaching Lisbon goals" veröffentlicht. Die knapp 100-seitige Studie beschäftigt sich zentral mit der Frage, wie es gelingen kann, die mit der Lissabon-Strategie vereinbarten Ziele im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie zu erreichen. Sie setzt sich dabei unter anderem auch mit der Patentierbarkeit softwarebezogener Erfindungen und der Verwendung und Förderung offener Standards auseinander.

Hintergrund:

Die Lissabon-Strategie umfasst sämtliche Maßnahmen zur wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erneuerung der EU. Im März 2000 hatte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Lissabon diese auf zehn Jahre angelegte Strategie vorgelegt, mit deren Hilfe die EU zur weltweit dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaft entwickelt werden soll. Von diesem Ziel, das hebt der von PriceWaterhouseCoopers erstellte Bericht hervor, sei man noch weit entfernt. Vor diesem Hintergrund soll die Sudie neue Überlegungen anstoßen, um die gesteckten Ziele im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien zu erreichen. Die Studie sei -- wie der niederländische Wirtschaftsminister Laurens Jan Brinkhorst im Vorwort hervorhebt -- "tentative and provocative".
In Bezug auf die momentane Diskussion um die Patentierbarkeit softwarebezogener Erfindungen wird in der Studie die Auffassung vertreten, dass die zurückhaltende Gewährung von immaterialgüterrechtlichen Schutzrechten in Europa in der Vergangenheit zu einer sehr innovativen und konkurrenzbetonten Softwareindustrie mit niedrigen Zugangsschranken geführt habe. Eine Ausdehnung von Softwarepatenten hin zu einem Schutzbereich, der auch nicht-technische Inventionen schütze, könne diese hohe Innovationsrate deutlich absenken (vgl. Abs. 342).
Bei der Frage nach der Verwendung und Förderung bestimmter Standards hebt der Bericht hervor, dass Standardisierung und Interoperabilität wichtige Eckpfeiler einer künftigen wettbewerbsstarken Entwicklung darstellten. Dabei habe eine Förderung aber technologieneutral zu erfolgen. Zur Durchsetzung offener Standards könnten öffentliche Träger dabei auch dadurch beitragen, dass sie konsequent Produkte erwerben würden, die offene Standards berücksichtigten (Abs. 347).