LINDOWS: FSF mahnt GPL-Verstoß an

Von Carsten Schulz
 
Die Free Software Foundation (FSF) hat das Unternehmen LindowsOS in deutlicher Form auf eine Verletzung der GNU General Public License (GPL) durch die "Sneak-Preview"-Veröffentlichungen des LindowsOS-Betriebssystems hingewiesen.
LindowsOS ist ein Betriebssystem, welches auf dem - unter der GPL entwickelten und vermarkteten - LINUX-Kernel basiert. Die GPL verpflichtet dabei jedermann, der die Software in unveränderter oder veränderter Form weitergibt, zugleich auch einen Zugang zum (kommentierten) Quellcode zu ermöglichen.
Das Unternehmen LindowsOS war dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Es hatte die "Sneak-Preview"-Veröffentlichungen ohne Offenlegung des Quellcodes an sogenannte "Lindows-Insider" weitergegeben. "Lindows-Insider" ist dabei jedermann, der sich für eine Summe von $99 bei dem Unternehmen hat registrieren lassen. Er erhält neben den Beta-Versionen auch weitere nichtöffentliche Informationen.

Hintergrund:
Das Ziel des freien Entwicklungs- und Vermarktungskonzepts der GPL ist es, jedem Nutzer die Freiheiten zur Vervielfältigung, Weitergabe und Veränderung der Software zu gewähren. Dies wird durch eine bestimmte Gestaltung der Softwarelizenzen sichergestellt. Freie Software gründet damit keineswegs auf einer Einhaltung unverbindlicher Verhaltenskodizes, im Mittelpunkt steht vielmehr die rechtliche Absicherung der unterschiedlichen Nutzerfreiheiten und -pflichten.
Beeinflusst durch die US-amerikanische Rechtsentwicklung, die bereits seit Anfang der achtziger Jahre davon ausging, dass Computerprogramme einen Copyright-Schutz genießen können, steht bei der GPL (wie auch bei anderen freien Softwarelizenzen) dabei die Sicherstellung der Freiheiten durch einen geschickten Einsatz der urheberrechtlichen Befugnisse im Mittelpunkt.
Dabei gestattet der Urheber als Inhaber der umfassenden Ausschließlichkeitsrechte jedem Nutzer unabhängig davon, von wem dieser die Software erhält, die Software uneingeschränkt zu vervielfältigen, zu verändern und zu verbreiten, und liefert, um Veränderungen zu ermöglichen, auch den (kommentierten) Quellcode mit. Damit auch diejenigen, welche die Software nicht vom Autor erhalten, sämtliche der genannten Freiheiten sinnvoll einsetzen können, wird darüber hinaus jeder Erwerber dazu verpflichtet, bei der Weitergabe der Software immer auch den Quellcode zugänglich zu machen, da dieser eine notwendige Voraussetzung für Veränderungen am Programm darstellt.
Zugleich wird durch die GPL die Einräumung der Rechte zur Vervielfältigung, Verbreitung und Veränderung an die Bedingung geknüpft, dass veränderte Software, wenn sie veröffentlicht wird, wiederum unter die Bedingungen der GPL zu stellen ist. Diese Schutzklausel (die nicht alle freien Softwarelizenzen kennen), das sogenannte "Copyleft", stellt sicher, dass Weiterentwicklungen der Software immer wieder freigegeben werden müssen. Oder wie Bruce Perens es in seinem offenen Brief an den LindowsOS-Vorsitzenden Robertson ausdrückte: Die GPL macht alle Beteiligten am Softwareentwicklungsprozess zu "Partnern".