MPI plädiert für Open Access zum kulturellen Erbe

Von Benjamin Roger
 
Das Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte hat Empfehlungen zur wissenschaftlichen Nutzung visueller Medien veröffentlicht, in denen es sich für ein Open-Access-Modell ausspricht. Dabei geht es um kulturhistorische Werke, die keinen urheberrechtlichen Schutz (mehr) genießen, insbesondere die Bestände von Museen.

Das MPI stellt heraus, dass die Regelung des Zugangs zu solchen Werken zunächst keine urheberrechtliche Frage ist (eben weil die Werke gemeinfrei sind), sondern von den Eigentümern (der körperlichen Gegenstände) vertraglich gestaltet werden kann und wird. Die sich anschließende Frage, zu welchen Bedingungen Abbildungen der Werke zugänglich sind, wirft wiederum klassische Probleme des Urheberrechts auf: wer soll diese Kopien nutzen können, zu welchem Preis, und in welchem Umfang?

Hintergrund:

Das MPI-Papier unter dem Titel "Best Practices for Access to Images: Recommendations for Scholarly Use and Publishing" geht von der Feststellung aus, dass in den Geisteswissenschaften der Zugang zu Wissen zunehmend schwieriger sei als in den Naturwissenschaften: während hier neue Formen der elektronischen Veröffentlichung an Bedeutung gewännen, bestünde dort eine "verwirrende" Anzahl von Restriktionen. Zahlreiche Museen und Sammlungen würden den Zugang zu ihren digitalen Bildbeständen beschränken.

Ausgehend davon fordert das Institut von den Eigentümern der Werke, den Zugang nur aus der Perspektive des Inhabers der körperlichen Gegenstände, nicht der des Urheberrechts, zu regeln - was angesichts des gerade fehlenden urheberrechtlichen Schutzes nur konsequent ist. Explizit nimmt das Papier auch private Sammler in die Pflicht. Sämtliche Inhaber sollten den Zugang zu gemeinfreien Werken nicht behindern, und sich als "Hüter der Kultur" begreifen.

Damit ist allerdings nicht gesagt, dass auch Reproduktionen gemeinfreier Werke ihrerseits in die public domain fallen sollten. Konkret regt das MPI an, vorrangig auf nichtkommerzielle Open-Access-Projekte für Bildungszwecke zu setzen, wenigstens aber auf verbilligten Zugang für Wissenschaftler. Hier offenbart sich die große Spannweite des Begriffs "Open Access", der sich eben nicht darauf beschränkt, das Open-Source-Konzept auf andere Werke als Software zu übertragen: während nach Open-Source-Kriterien die weitere - auch kommerzielle - Nutzung nicht eingeschränkt werden dürfte, wird hier eine Regelung speziell für wissenschaftliche Zwecke in den Blick genommen. Gewerbliche Nutzung, so scheint das Anliegen des MPI zu sein, soll den Inhabern der Werke weiterhin eine wirtschaftliche Beteiligung einräumen. So legitim dieses Ziel ist - gerade mit Blick auf die beschworene, kostenintensive Funktion als "Hüter" des kulturellen Erbes -, so ist es doch bedauerlich, dass die kreative Nutzung der digitalen Reproduktionen mit keinem Wort erwähnt wird - ebenso wenig wie der Zugang zu rein kontemplativen Zwecken.

Auch praktisch sind solche Einschränkungen problematisch: die weitere Nutzung, auch zu kommerziellen Zwecken, lässt sich technisch kaum kontrollieren, und rechtlich jedenfalls nicht umfassend mit den Mitteln des Urheberrechts. Denn ein eigenes Urheberrecht kann an originalgetreuen Abbildungen nicht entstehen. Während der Fotograf in Deutschland nach umstrittener Ansicht zumindest ein Leistungsschutzrecht erwerben kann, welches dann eine Bestimmung über die weitere Verwertung erlaubt, wurde in den USA in der Sache Bridgeman Art Library v. Corel Corp entschieden, dass jede Schutzfähigkeit entfällt. Die Eigentümer können in diesem Fall zwar ihren Vertragspartnern Art und Umfang der Nutzung sowie ggf. Gebühren vorschreiben - nicht aber Dritten, die in Besitz der digitalen Kopien gelangen.