AAP: Denunzieren und kassieren

Von Carsten Schulz
 
Die American Association of Publishers ( AAP ), U.S.-amerikanischer Verlegerverband, hält auf ihren Internetseiten einen ganz besonderen Service bereit:
Jedermann kann sich melden, wenn er Informationen über Urheberrechtsverletzungen durch Dritte an US-amerikanischen Büchern, Zeitschriften oder anderen Produkten der AAP-Mitglieder erlangt hat. Führen diese Informationen zu einer gerichtlichen Verurteilung oder ist die Verfolgung in anderer Weise erfolgreich, so erhält der Informant eine Belohnung. Daneben besteht auch die (wenig überraschende) Möglichkeit, Urheberrechtsverletzungen anonym anzuzeigen.
Die Meldung von Urheberrechtsverstößen durch Privatpersonen ist Teil des AAP Anti-Piracy Programs , dessen zentrale Botschaft es ist, "that stealing American books and journals does not pay". Sie gliedert sich ein in einen ganzen Katalog von Maßnahmen. Unter anderem kann ein gemeinsam mit der Software Publishers Association herausgegebenes Video bestellt werden, dass zum erhöhten Respekt vor geistigem Eigentum gerade in den höheren Bildungsschichten beitragen soll.

Hintergrund:

Die Frage nach den geeigneten Maßnahmen zur Durchsetzung von Urheberrechten und anderen geistigen Eigentumsrechten, die deutlich zu trennen ist von der (vorgelagerten) Frage nach der Zuordnung und Reichweite solcher Rechte, scheint gerade in jüngerer Zeit aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung immer mehr an Bedeutung zu gewinnen. Gerade die durch technische Kopierschutzmaßnahmen steigende Effektivität der Rechtsdurchsetzung kann hier unter Umständen ein Überdenken der Durchsetzungsbefugnisse des Rechtsinhabers notwendig machen und unter Umständen auch Rückwirkungen auf die grundsätzliche Zuordnung von geistigen Eigentumsrechten haben (vgl. Bundeswirtschaftsministerium: Beirat veröffentlicht Gutachten zur "Wettbewerbspolitik für den Cyberspace" ).
Dass aber auch im Zeitalter der sogenannten "Informationsgesellschaft" nicht täglich das Rad neu erfunden wird, zeigt die Meldekampagne der AAP eindrucksvoll. Sie reiht sich ein in eine lange Tradition von Versuchen verschiedenster Rechteinhaberverbände, eine bessere Kontrolle über die Werknutzung im privaten Bereich zu erlangen.
Ein aus deutscher Sicht sehr eindrucksvolles Beispiel aus den sechziger Jahren (= vor Einführung der sog. Gerätepauschale) stellt dabei sicherlich der Versuch der GEMA dar, die persönlichen Daten von jedermann zu erfassen, der ein Tonbandgerät erwarb. Die GEMA hatte damals eine Herstellerin von Tonbandgeräten (Marktanteil 50%) dazu aufgefordert, die Geräte nur unter der Voraussetzung an ihre Händler abzugeben, dass diese Namen und Anschrift sowie die Personalausweisnummer eines jeden Kunden an die GEMA meldeten. Schließlich würden die Erwerber eines Tonbandgerätes dieses weitgehend in rechtsverletzender Weise nutzen; hierfür treffe die Herstellerin der Geräte eine Mitverantwortung.
Da die Herstellerin der Aufforderung der GEMA nicht Folge leistete, kam es zum gerichtlichen Verfahren in dessen Fortgang letztlich der BGH den Anspruch der GEMA auf Namens- und Adressnennung verneinte. In den Urteilsgründen (vgl. GRUR 1970, Seite 104 ff.) hieß es dazu unter anderem:
"Hinsichtlich der mit der Klage begehrten Maßnahmen ist in diesem Zusammenhang noch folgendes zu berücksichtigen. Die damit erstrebte Kenntnis der Klägerin (Anm.: GEMA) von den Namen und Anschriften der Letzterwerber der Apparate stellt als solche noch in keiner Weise sicher, dass die von der Klägerin beanstandeten Rechtsverletzungen unterbleiben. Soll die Namensübermittlung für die Klägerin überhaupt einen durchgreifenden Sinn haben, so kann dies nur der sein, dass die Klägerin auf Grund ihrer Kenntnis von Namen und Anschriften der Geräteerwerber in deren persönlicher häuslicher Sphäre Kontrollmaßnahmen durchführen und auf diese Weise etwaige Rechtsverletzungen ahnden will. Da die Art der Verwendung der Geräte nur an Ort und Stelle festgestellt werden könnte und die Klägerin bereits die Möglichkeit angekündigt hat, die erforderlichen Feststellungen auf Mitteilungen von Wohnungsnachbarn, Portiers usw. hin zu veranlassen, würde hierdurch die Gefahr unangemessener Eingriffe in die Unverletzlichkeit des häuslichen Bereichs heraufbeschworen."