Des einen Freud, des anderen Leid

Von Dr. Julia Küng
 
Die am 2. November bekannt gewordene Kooperationsvereinbarung zwischen Novell und Microsoft löst bei weitem nicht nur Jubel aus. Die Free Software Foundation prüft gegenwärtig, ob die abgeschlossene Vereinbarung, deren Details durch eine Meldung an die Börsenaufsicht bekannt geworden sind, gegen die GPL Version 2.0 verstößt. Eben Moglen ließ diese Frage offen, teilte aber bereits mit, dass ihn die FSF beauftragt habe, die Version 3.0 der GPL so zu gestalten, dass derartige Vereinbarungen künftig nicht mehr möglich sein würden.

Novell selbst gibt sich erwartungsgemäß selbstbewusst und weist sowohl in seiner Pressemitteilung als auch in den eigens eingerichteten FAQs darauf hin, dass sämtliche Bestimmungen der GPL 2.0 eingehalten wurden.

Hintergrund:

Nachdem sich Microsoft und Novell entschlossen haben, mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, die Interoperabilität zwischen den beiden konkurrierenden Betriebssystemen Linux und Windows zu verbessern, werden immer mehr Details dieser Vereinbarung bekannt: Microsoft wird für eine Vorauszahlung von $ 240 Millionen für SUSE Linux Enterprise Server-Bezugsscheine von Novell erhalten. Diese Bezugsscheine kann Microsoft an seine Kunden weitergeben, die damit wiederum Support, Upgrades und Updates von Novell erhalten. Microsoft wird innerhalb von fünf Jahren $ 94 Millionen in die gemeinsame Vermarktung von Linux und Windows investieren. Außerdem hat sich Microsoft für den Zeitraum von drei Jahren verpflichtet, mit keinem anderen Linux-Distributor eine ähnliche Kooperation einzugehen.

Die am heißesten diskutierte Klausel ist aber jene betreffend die Patente: Microsoft wird $ 108 Millionen an Novell bezahlen. Novell hat sich verpflichtet, mindestens $ 40 Millionen an Microsoft (diese Summe kann sich je nach den Einnahmen von Novell prozentuell erhöhen) zu entrichten. Als Gegenleistung für diese Zahlungen verpflichten sich die Vertragspartner, die Kunden des jeweils anderen Vertragspartners nicht wegen Patentverletzungen zu verfolgen.

Dies bedeutet nach der Mitteilung von Novell nicht, dass Novell künftig patentierten Code für Linux verwenden würde, sondern lediglich, dass es gelungen sei, den Schutz für die eigenen Kunden vor Rechtsverfolgung zu erhöhen. Dennoch bleiben weite Teile der Free Software Community skeptisch. Immer wieder wird auch argumentiert, diese Bestimmung sei GPL-widrig, da sie gegen Ziffer 7 der GPL verstoße: Ziffer 7 GPL stellt klar, dass es niemandem erlaubt ist, GPL-lizenzierte Software entgegen den Bestimmungen der GPL zu verbreiten, wenn fremde Rechte (zB Patente) dieser Verbreitung entgegen stehen. Ist keine völlig GPL-konforme Verbreitung der Software möglich, so hat diese ganz zu unterbleiben. Wenn daher beispielsweise ein Patent nicht die gebührenfreie Weiterverbreitung des Programms durch denjenigen erlaubt, an den das Programm weitergegeben werden soll, besteht die einzige Möglichkeit darin, ganz auf die Verbreitung des Programms zu verzichten. Ob diese Bestimmung tatsächlich ausreicht, um die bislang bekannte Vereinbarung rechtswidrig zu machen, ist fraglich. Die Softwareempfänger, also die Kunden von Novell und Microsoft, sind in ihren Rechten nicht eingeschränkt. Allenfalls ließe sich argumentieren, dass es sich bei den Zahlungen um GPL-widrige Lizenzgebühren handelt. Dem tritt Novell in seinen FAQs mit dem Argument entgegen, dass es sich um keine Lizenz, also eine Erlaubnis, Patente der anderen Vertragspartei zu benutzen, sondern lediglich um einen „Nichtangriffspakt“ zugunsten der Kunden handle. Dieser gelte jedoch nicht auch für Microsoft und Novell im Verhältnis zueinander. Ist dem tatsächlich so, wird es den Kritikern schwer fallen, auf Basis der GPL 2.0 gegen diese Vereinbarung anzukommen.