Von Dr. Axel Metzger
Der Europäische Rat hat in Sachen Durchsetzungsrichtlinie und Softwarepatente neue Vorschläge vorgelegt. Während die Durchsetzungsrichtlinie gegenüber den ursprünglichen Vorstellungen der Kommission deutlich entschärft worden ist, deutet sich bei der umstrittenen Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Kommission und Rat an - entgegen dem deutlich restriktiveren Ansatz des Parlaments.
Zur Durchsetzungsrichtlinie:
Der vom Ausschuss der Ständigen Vertreter beim Rat nunmehr veröffentlichte Vorschlag vom 16.02.2004 sieht gegenüber den ursprünglichen Kommissionsplänen deutliche Änderungen vor.
Gestrichen wurde der doppelte Lizenzschaden in Art. 17, welcher nach der Vorstellung der Kommission und des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments auch bei fahrlässigen Schutzrechtsverletzungen hätte geltend gemacht werden können. Diese Vorschrift war massiv kritisiert worden, es bleibt zu hoffen, dass sich hier im Ergebnis der Rat durchsetzen wird.
Ersatzlos gestrichen wurde auch die umstrittene Vorschrift zum Schutz technischer Schutzvorrichtungen in Art. 21. Hier hatte bereits der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments einige Restriktionen mit sich gebracht, der Rat hat sich nunmehr zu einem vollständigen Verzicht durchringen können.
Von besonderem Interesse ist der erweiterte Anwendungsbereich des Ratsvorschlags. Während sich die Kommission auf eine Harmonisierung der bereits bestehenden europäischen IP-Rechte beschränken wollte, schlägt der Rat nunmehr eine Harmonisierung auch im Hinblick auf die nationalen Schutzrechte der Mitgliedstaaten vor. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, der ursprüngliche Kommissionsvorschlag hätte zu unüberwindbaren Wertungswidersprüchen geführt. Eingeschlossen sind nunmehr auch die europäischen und nationalen Patente - die Richtlinie wird dadurch auch auf Softwarepatente anwendbar sein.
Insgesamt bedeutet der jetzige Vorschlag einen Schritt in die richtige Richtung. Als nächster Schritt im Gesetzgebungsverfahren nach Art. 251 EG-Vertrag ist die Plenarabstimmung des Parlaments abzuwarten. Diese wird noch im März erwartet.
Zur Softwarepatente-Richtlinie:
In Sachen Softwarepatente-Richtlinie liegt nunmehr ein als "Kompromissvorschlag" gekennzeichnetes Arbeitsdokument des Vorsitzes des Rates vom 29.01.2004 vor.
Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission vom 22.02.2002 war stark kritisiert worden, weil er sein erklärtes Ziel, den gegenwärtigen Status quo festzuschreiben, nur sehr undeutlich zum Ausdruck gebracht hatte und an einigen Stellen auch als deutliche Ausweitung der Patentierbarkeit von Computerprogrammen verstanden werden konnte. Die Vorentwürfe aus dem Rat vom 08.11.2002 und dem EP-Rechtsausschuss vom 17.06.2003 hatten einige der besonders kritischen Formulierungen gestrichen, insgesamt aber auch auf eine Festschreibung der gegenwärtigen Rechtslage hingedeutet. Dem war das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 24.09.2003 deutlich entgegengetreten. Das Parlament hatte unter dem Eindruck der lautstarken Kritik der Softwarepatente-Gegner einige sehr restriktive Formulierungen aufgenommen. Der jetzt vorliegende Kompromissvorschlag des Rates bedeutet eine vollständige Rückkehr zur Linie des Ratsvorentwurfs vom 08.11.2002. Dies kann kaum überraschen, gleichwohl erscheint vor diesem Hintergrund die Überschrift "Kompromissvorschlag" als etwas irreführend: Die restriktiven Regelungen des Parlaments sind vollständig gestrichen worden. Als nächster Schritt im Verfahren nach Art. 251 EG-Vertrag steht nunmehr die Festlegung eines "Gemeinsamen Standpunkts" durch den Rat auf der Agenda. Das letzte Wort beim Rat ist also noch nicht gefallen, Ansprechpartner sind nunmehr die für die Entscheidung im Rat maßgeblichen nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten.