EU-Parlament verlangt mehr „Open Innovation“

Von Dr. Julia Küng
 
Das EU-Parlament hat nunmehr eine Entschließung verabschiedet, die unter dem Motto „Mehr Forschung und Innovation – In Wachstum und Beschäftigung investieren“ steht. Die EU-Abgeordneten machen darin klar, dass es unter anderem von einer bewussten Entscheidung der EU für das Konzept der „Open Innovation abhängt, ob die EU zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt wird.

Das Parlament weist ausdrücklich darauf hin, dass der Schutz des geistigen Eigentums „nicht den offenen Zugang zu öffentlichen Gütern und öffentlichem Wissen stören darf“ und fordert die EU-Kommission „dringend auf, eine soziale, wissensbasierte Gesellschaft zu fördern“, indem sie beispielsweise kostenlose und quelloffene Software und Lizenzen wie die GPL unterstützt.

Weiters stellt das EU-Parlament fest, dass ein Gemeinschaftspatent notwendig ist und das gemeinschaftliche Patentsystem Teil der Innovationsstrategie in Europa werden sollte. In diesem Patentsystem sei ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz des gewerblichen Eigentums, der Verbreitung des technischen Wissens und einem freien Wettbewerb sicherzustellen. Das Patentrecht solle dem Schutz von Erfindungen dienen und nicht der Kontrolle eines Marktsegments.

Hintergrund:

Der Grund für die vorliegende Entschließung des EU-Parlaments liegt darin, dass der Europäische Rat von Lissabon im März 2000 beschlossen hat, Europa bis zum Jahr 2010 zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu machen („Lissabon-Strategie“). Heute, im Jahr 2006, liegt die EU noch weit hinter den Vereinigten Staaten und Japan zurück.

In der Begründung des Entwurfs dieser Entschließung sagt das EU-Parlament deutlich, dass die Schuld dafür bei den Mitgliedstaaten liege, denen es am politischen Willen fehle. Das EU-Parlament fordert, dass Europa seine Leistung in den drei entscheidenden Bereichen merkbar verbessert: Wissensschaffung, Wissensnutzung und Wissensfinanzierung.

Die Wissensschaffung ist für das EU-Parlament zu gering, da etwa im Jahr 2003 2,59 % des BIP in den Vereinigten Staaten und 3,15 % des BIP in Japan auf Forschung und Entwicklung entfielen, in der EU jedoch nur 1,93 %. Die Schaffung von Wissen erfordere insgesamt eine Kehrtwende in der europäischen Kultur - hin zur Förderung eines auf Innovation setzenden unternehmerischen Denkens, das bei den EU-Bürgern den Wunsch nach innovativen Gütern und Dienstleistungen verstärkt.

Gravierende Mängel ortet das EU-Parlament auch bei der grenzüberschreitenden Nutzung von Wissen und dem Wissenstransfer. So werde zB zu viel Forschung isoliert, in kleinem Maßstab und mit zu geringen finanziellen Mitteln betrieben. Auch die nach wie vor gängige gravierende Diskriminierung von weiblichen Arbeitnehmern durch geringere Entlohnung von durchschnittlich mehr als 17% ist nach der Analyse des EU-Parlaments ein Hemmschuh für die Erreichung der Lissabon-Ziele.

Als dritter Faktor steckt auch die Wissensfinanzierung in Europa nach Angaben des EU-Parlaments noch in den Kinderschuhen. Das EU-Parlament fordert daher, entsprechende Maßnahmen zu setzen, die (zB steuerliche) Anreize für Unternehmen sind, mehr in die Forschung zu investieren.

Auf den „Open Innovation“-Ansatz geht das EU-Parlament in der Begründung nicht extra ein – vermutlich weil dessen Sinn bereits aus den Worten “Wissensschaffung, Wissensnutzung und Wissensfinanzierung“ evident wird.