GEMA lizenziert Musik an YouTube-Nutzer

Von Till Kreutzer
 
Zeitgleich mit dem Start der deutschsprachigen Version von YouTube, der von Google betriebenen Videoplattform, gaben die YouTube LLC und die GEMA eine Einigung bekannt: Fortan dürfen Nutzer in Ihren Videos das Weltrepertoire musikalischer Werke legal verwenden. Ganz legal? Nicht ganz! Wer die Musik nicht selbst trällern (sondern bestehende Aufnahmen nutzen) will, braucht über die Genehmigung der GEMA hinaus weitere Befugnisse.

Hintergrund:

Web-2.0-Portale und das Urheberrecht sind ein heikles Thema. Nutzer, die die riesigen Videodatenbanken von YouTube, MyVideo oder Sevenload mit selbst gemachten oder fremden Videoclips (zum Beispiel Heimvideos oder aus dem Fernsehen aufgenommenen Sendungen) bestücken, sind sich der rechtlichen Aspekte, die hierbei zu beachten sind, meist nicht bewusst. Massenhafte Urheberrechtsverletzungen sind daher an der Tagesordnung. Entsprechend erbost zeigen sich die Inhaber der Rechte, unter anderem an kommerzieller Musik, was immer wieder zu juristischen Maßnahmen gegen die Anbieter der Plattformen führt. Dies nimmt mitunter skurrile Formen an: Im Frühjahr 2007 verklagte etwa der US-amerikanische Medienkonzern Viacom Youtube auf die spektakuläre Summe von einer Milliarde Dollar Schadensersatz. Gegenstand der Klage sind "massive Urheberrechtsverletzungen", die das Unternehmen darin sieht, dass die Nutzer von YouTube tausende Musikvideos auf die Plattform hochgeladen haben. In einem anderen, nicht minder Aufsehen erregenden, Fall forderte die Universal Music Group YouTube in einer Unterlassungsverfügung auf, ein 29-sekündiges Video von der Plattform zu entfernen, weil hierin ein 18 Monate altes Kind (!) zu dem im Hintergrund ablaufenden Song "Let's go crazy" von Prince ein Tänzchen wagt. Der Streit eskalierte: Die Electronic Frontier Foundation (EFF) klagte daraufhin gegen Universal wegen Missbrauchs des Digital Millenium Copyright Acts und Eingriffs in die Fair Use Regelungen.

Auch die GEMA ist schon rechtlich gegen YouTube vorgegangen. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln wendete sich die Musik-Verwertungsgesellschaft dagegen, dass auf der Plattform vielfach Heimvideos eingestellt werden, die mit geschützter Musik hinterlegt sind. Dem Rechtsstreit waren langwierige Verhandlungen zwischen YouTube und der GEMA über eine Lizenzierung vorausgegangen, die jedoch zunächst gescheitert waren.

Vor dem Hintergrund der äußerst verhärteten Fronten zwischen Rechteinhabern und Plattformanbietern ist die nunmehr erzielte Einigung ebenso überraschend wie erfreulich. Sowohl Musikvideos als auch selbst gemachte, mit geschützten Musikwerken hinterlegte, Heimvideos dürfen hiernach von den Nutzern mit Zustimmung der GEMA auf YouTube eingestellt werden.

Die ganze Sache hat allerdings noch einen (oder mehrere) Haken: Vollständig "legal" ist die Musiknutzung auf YouTube trotz der Zustimmung der GEMA in vielen Fällen nicht. Denn an Musikaufnahmen besteht eine Vielzahl an Rechten. Die GEMA kann nur über die (Urheber-)Rechte der Musikverleger, Komponisten und Textdichter verfügen, also die Verwendung von Kompositionen und Texten genehmigen. Beispiel: Hätten das Baby oder dessen Eltern "Let's go Crazy" in dem genannten Heimvideo selbst gesungen, wäre dessen Upload von der GEMA-Zustimmung umfassend legitimiert worden. Da hier aber - wie es meist der Fall ist - eine Aufnahme von Prince abgespielt wurde, war die Nutzung trotz GEMA-Erlaubnis rechtswidrig. Denn für den Upload einer Musikaufnahme (gleich, ob als Musikfile oder in einem Video) genügt die Lizenzierung durch die GEMA nicht. Vielmehr bestehen an einer solchen Aufnahme neben den Urheberrechten für Text und Komposition die so genannten Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler (Interpreten, Musiker) und des Tonträgerherstellers (Produzent). Diese Rechte nimmt die GEMA nicht wahr. Sie liegen entweder bei der GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) oder (in der Regel) bei den Plattenfirmen.

Bis YouTube rechtssicher agieren kann, ist es daher noch ein weiter Weg. Immerhin: Die Einigung mit der GEMA ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Legalisierung von User-Generated-Content im Web 2.0 und ein Signal, dass Einigungen zwischen Anbietern und Rechteinhabern zumindest möglich sind.