von: Stefan Labesius
Ende November des vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die Novell Inc. im Rahmen einer Unternehmesverschmelzung ein Bestandteil der Attachmate Corp. werden soll. Im Rahmen dieser Übernahme ist geplant, ein 882 Patente umfassendes Portfolio von Novell an die neu gegründete und bis dahin unbekannte CPTN Holdings LLC zu einem Preis von ca. 450 Mio. US-Dollar zu übertragen. Bisher war lediglich bekannt, dass vor allem Microsoft hinter der CPTN steckte.
Eine Bekanntmachung (Az. B5-148/10, Anmeldung v. 6.12.2010) des Bundeskartellamtes (BKartA) über das Zusammenschlussverfahren in Bezug auf die CPTN zeigte, dass daneben auch Unternehmen wie Apple, Oracle und EMC an der CPTN beteiligt sind. Damit rückt die Frage in den Fokus, welche konkreten technischen Schutzrechte von dem Patentportfolio umfasst sind und welche Bedeutung sie für die Nutzung und vor allem die Weiterentwicklung für Open-Source-Software haben könnten. Nach Novells eigener Aussage sollen zumindest nicht Rechte am UNIX-Code davon betroffen sein. Dem Vernehmen nach soll es sich wohl u.a. auch um Rechte an WordPerfect handeln.
Dementsprechend hatte sich die Open Source Initative (OSI) an das BKartA mit einer Stellungnahme zur beabsichtigten Transaktion des Patentportfolios gewandt. Darin weist sie zum Einen auf die mittlerweile überragende Bedeutung von Open Source Software für den IT-Sektor hin und das die an CPTN beteiligten Unternehmen auf vielen Bereichen (Betriebssysteme, Middleware, Virtualization, Cloud-Computing) selbst mit proprietären Produkten vertreten sind, die mit den entsprechenden Open-Source-Softwarelösungen wie Linux, Apache, JBoss und Xen im Wettbewerb stehen. Zum Anderen zeigt die OSI auf, dass die an der CPTN beteiligten Unternehmen in der Vergangenheit selbst Open-Source als strategische Bedrohung aufgefasst haben. Während hingegen Novell eine Open-Source-freundliche Position eingenommen hatte, befürchtet sie, dass CPTN das Patent-Portfolio nun nutzen könnte, um gegen Open Source eine Drohkulisse zu errichten.
Nunmehr teilt das BKartA auf seiner Website über Zusammenschlussvorhaben mit, dass die Fusionsanmeldung offenbar am 30. Dezember 2010 zurückgenommen worden ist. Hintergründe für die Rücknahme sind allerdings noch nicht erkennbar. Es könnte aber zu vermuten sein, dass die Beteiligten Zeit gewinnen wollen, da das Patent Purchase Agreement über das Patentportfolio beendet werden kann, wenn nicht zumindest die Patentübertragung bis zum 20. April 2011 vollzogen worden ist (vgl. Form 8-K v. 21.November 2010). Da mit einer schnellen Freigabe innerhalb der einmonatigen Frist nach Anmeldung offenbar nicht zu rechnen gewesen ist, hätte sich somit ein bis zu viermonatiges Hauptprüfverfahren angeschlossen (vgl. § 40 GWB). Nicht unwahrscheinlich dürfte somit nunmehr eine Fusionsanmeldung bei der Kartellaufsicht der EU-Kommission sein, da diese – betrachtet man die Umsatzstärke der beteiligten Unternehmen – für eine Überprüfung der Transaktion des Patentportfolios unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zuständig sein dürfte (vgl. Art. 1 FusionskontrollVO) und eine Vorlage des Verfahrens des BKartA an die EU-Kommission weitere Verzögerungen zur Folge gehabt hätte (Vgl. Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 FusionskontrollVO).