open invention network expandiert weiter

Von Benjamin Roger
 
Das open invention network (OIN) hat unlängst eine erhebliche Erweiterung der Linux-Pakete angekündigt, für die es seinen Mitgliedern Schutz gegen Patentansprüche bietet. Nachdem über die letzten Jahre immer mehr Unternehmen dem OIN als Lizenznehmer beigetreten sind, ist dies ein weiterer Beleg für die zunehmende Bedeutung eines Modells, das auf die lizenzgebührenfreie gemeinschaftliche Nutzung von Softwarepatenten zur Verhinderung von Patentklagen setzt (in diesem Sinne eine "defensive" Nutzung der Patente).

Hintergrund:

Das von mehreren großen Unternehmen finanzierte OIN hat seit seiner Gründung 2005 Lizenzverträge mit zahlreichen Softwarefirmen und Entwicklern abgeschlossen. Es kauft Softwarepatente auf, die gegen Linux-Komponenten eingesetzt werden könnten, um diese so zu "entschärfen", und gewährt Unternehmen, Institutionen oder Einzelpersonen Lizenzen für diesen wachsenden Patent-Pool, wenn diese sich im Gegenzug verpflichten, ihre eigenen Patente nicht gegen Linux einzusetzen, also keine Patentklagen gegen Linux-Entwickler anzustrengen. Wie das - nach eigenen Angaben nicht profitorientierte - Unternehmen am 6. März mitteilte, wurden nun Patente erworben, die über 700 weitere Linux-Pakete abdecken.

In seiner defensiven Ausrichtung erinnert das Modell an die bereits früher etwa von OIN-Sponsor Red Hat praktizierte "patent policy", die das eigene Patent-Portfolio nutzt, um etwaigen Patentklagen Dritter mit Gegenklagen begegnen zu können. Durch ein solches "Gleichgewicht des Schreckens" sollen diese im besten Fall davon abgehalten werden, Linux-Entwickler  mit tatsächlichen oder vermeintlichen Patentansprüchen zu konfrontieren. Das OIN-Modell setzt die Patente in ähnlicher Weise ein, setzt aber bereits vor einem etwaigen Konflikt an, indem einerseits Patente aus dem Verkehr gezogen werden, andererseits Entwickler als Lizenznehmer eingebunden werden und auf den "feindlichen" Einsatz ihrer eigenen Patente von vornherein vertraglich verzichten.

Es leistet damit neben Community-Initiativen wie Linux defenders, die sich auf die Anfechtung trivialer Patente spezialisiert haben, einen Beitrag zum Schutz vor oftmals exorbitanten Forderungen in Patentstreitigkeiten. Anders freilich als bei Linux defenders werden hier die Patente nicht als solche angegriffen, sondern als Werkzeuge eingesetzt. Das ist pragmatisch, demonstriert aber zugleich aber die Auswüchse eines ausufernden Softwarepatentwesens, denn die Patente werden nicht in ihrer ursprünglichen Funktion, also unmittelbar zum Schutz von Innovationen eingesetzt - spiegebildlich zur viel kritisierten Praxis der sog. "Patent trolls", die Patente halten und Ansprüche daraus geltend machen, ohne zu produzieren oder zu entwickeln. Gerade gegen diese ist das OIN-Modell denn auch nur begrenzt wirksam, weil sie nicht in Gefahr sind, ihrerseits Patente zu verletzen und dementsprechend keinen Anreiz haben, dem Netzwerk beizutreten.