Providerauskunft durch die Hintertür: Das Telemediengesetz

Von Olaf Koglin
 
Das Bundeskabinett hat im Juni 2006 den Entwurf eines neuen Telemediengesetzes verabschiedet, der das bisherige Teledienstegesetz (TDG) und Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) ersetzen soll. Gleichzeitig soll das bisherige Telediensterecht - das der Bundesgesetzgebung unterliegt - mit dem von den Ländern geregelten Medienrecht harmonisiert werden.

Hintergrund:

Im Jahr 1997 war die Bundesrepublik einer der Vorreiter in der Regelung von Teilen des damals aufkeimenden Internetrechts und erließ im Rahmen des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes (IuKDG) das Teledienstegesetz, das unter anderem die Verantwortung und Haftung von Providern regelt. Parallel wurden auf Länderebene durch den Mediendienstestaatsvertrag zum Teil gleichlautende Regeln normiert.

Das von der Bundesregierung nun vorgelegte Werk mit dem Namen "Gesetz zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste (Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz -- ElGVG)" ist wie das 1997 erlassene IuKDG ein Artikelgesetz, enthält also mehrere eigentliche Gesetze. Das Kernstück ist mit Art. 1 des ElGVG der Entwurf für das neue Telemediengesetz (TMG). Neben allgemeinen Definitionen und einer mit der bisherigen Rechtslage identischen Differenzierung der Haftung von Providern für Inhalte (§ 7 ff. TMG-Entwurf) enthält der Entwurf unter anderem besondere Hinweispflichten für den Versand elektronischer Werbung/Spam und hat hierfür schon viel Kritik - sowohl von Verbraucherschützern als auch aus der Wirtschaft - einstecken müssen.

Für Urheberrechtler von besonderem Interesse ist indes die Erweiterung, an wen der Provider vertrauliche Daten seiner Nutzer herausgeben kann: Neben der in diesen Zeiten scheinbar unumgänglichen Erweiterung, dass nicht nur die normalen Strafverfolgungsbehörden, sondern auch die 17 deutschen Verfassungsschutzbehörden, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst Zugriff auf Nutzerdaten haben müssen, findet sich in § 14 Abs. 2 TMG-E auch die Erweitung auf die "zuständigen Stellen", soweit dies "zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist."

Der sog. Auskunftsanspruch von Rechteinhabern gegenübern Providern ist in den laufenden Novellierungen des Urheberrechtsgesetzes bereits seit Jahren ein Diskussions- und Streitpunkt. Nun findet sich eine Regelung hierzu im Abschnitt Datenschutz des TMG-E, also in einem allgemeinen Gesetz zum Tele- und Medienrecht. Abgesehen von der rechtspolitischen Fragwürdigkeit eines solchen Auskunftsanspruchts treten auch rechtstechnische Fragen auf: Wer ist zum Beispiel eine solche "zuständige Stelle" im Sinne des § 14 Abs. 2 TMG-E, wenn es um angebliche Rechtsverletzungen geht? Üblicherweise sind mit einer "Stelle" öffentliche Stellen wie die Staatsanwaltschaft gemeint, aber im TMG-E scheinen private Rechteinhaber gemeint zu sein (zumal die zuständige öffentliche Stelle die Strafverfolgungsbehörde ist, die bereits ausdrücklich in § 14 Abs. 2 TMG-E genannt ist). Und was ist unter dem unpräzisen Begriff "geistiges Eigentum" genau zu verstehen - zumal der Gesetzesentwurf in § 3 Abs. 4 Ziff. 6 TMG-E bereits eine recht detaillierte Definition dessen enthält, was in Deutschland unter Urheber- und gewerblichen Schutzrechten nebst ihrer Nebengebiete verstanden wird? So wie die Forderung nach einem Auskunftsanspruch von Rechteinhabern gegenüber Providern Teil der Diskussionen um die Urheberrechtsnovellen ist, wird ein Arm dieser Krake wohl auch die Novellierung des Tele- und Medienrechts ergreifen.

Anmerkung: Weitere Anmerkungen und Kritiken an dem Gesetzesentwurf finden sich u.a. bei