Update: Durchsetzungsrichtlinie im EU-Rat bestätigt

Von Till Kreutzer
 
Am 26. April 2004 hat der EU-Rat die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in ihrer endgültigen Fassung verabschiedet. Der vom Europäischen Parlament am 9. März gebilligte Text wurde inhaltlich unverändert angenommen. Allein die Paragraphennummerierungen wurden angepasst und kleinere sprachliche Modifikationen vorgenommen. Damit findet eines der umstrittensten Regelungsvorhaben der letzten Zeit seinen Abschluss. Nach der "in Kürze" erfolgenden Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union haben die Mitgliedsstaaten 24 Monate Zeit für deren Umsetzung.

Hintergrund:

Die Richtlinie dient einer Harmonisierung der innerstaatlichen Regelungen zum Schutze von geistigen Eigentumsrechten. Sie betrifft damit sowohl das Urheberrecht als auch die gewerblichen Schutzrechte (Marken, Patente etc.). Das Regelwerk soll dienen, einen einheitlichen Rahmen zivilrechtlicher Rechtsmittel in allen Mitgliedsstaaten zu etablieren. Von dem ersten Kommissionsvorschlag hat sich die Richtlinie bis zu ihrer endgültigen Fassung weit entfernt. Ursprünglich geplant war ein rechtliches Instrument zur Bekämpfung von Produktpiraterie, u.a. im Zusammenhang mit organisiertem Verbrechen. Die hierfür notwendigen strafrechtlichen Sanktionen haben in die Schlussfassung jedoch ebenso wenig Einzug gehalten wie die ursprünglich vorgeschlagene Beschränkung des Regelwerks auf Schutzrechtsverletzungen zu gewerblichen Zwecken. Das Regelungsvorhaben war aufgrund dieser Ausweitung auf den privaten Bereich unter Beschuss geraten, da - zurecht - befürchtet wird, dass die hierin verankerten rechtlichen Mittel auch gegen private Nutzer, z.B. von Tauschbörsen, eingesetzt werden. Vor allem der sehr umstrittene Auskunftsanspruch in Art. 8 der Richtlinie scheint hierfür in der Tat wie geschaffen. Nach Absatz 1c dieser Norm sollen zukünftig auch Personen auf Auskunft in Anspruch genommen werden können, deren Dienste im Zusammenhang mit der Verletzung von geistigen Eigentumsrechten genutzt wurden. Die Regel schafft damit die Grundlage für den vielbeschworenen Auskunftsanspruch gegen Online-Provider auf Identifizierung solcher Nutzer, deren IP-Adressen bei angeblichen Rechtsverletzungen gescannt wurden. Vor dem Hintergrund des deutschen Rechts stellt sich allerdings die Frage nach der datenschutzrechtlichen Vereinbarkeit eines solchen Anspruchs. Ob IP-Adressen von den Providern im Zusammenhang mit den Nutzerdaten überhaupt "auf Vorrat" gespeichert werden dürfen, ist umstritten. Jedenfalls darf dies nach geltendem Recht allenfalls zu Abrechnungszwecken geschehen. Herausgegeben werden dürfen solche Daten - selbst wenn man deren Speicherung als zulässig ansehen würde - nur an Staatsanwaltschaften und Gerichte zum Zwecke der Strafverfolgung (§ 6 Absatz 5 Satz 5 TDDSG). Jede Ausweitung dieser Regelungen würde vor dem Hintergrund, dass Nutzungsdaten dem Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG unterliegen, verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.

Immerhin wurden denkbare Kollisionen mit dem Datenschutz auch bei Abfassung der Richtlinie erkannt. Nach deren Art. 8 Absatz 3e gelten die Vorgaben für Auskunftsansprüche "unbeschadet anderer gesetzlicher Bestimmungen, die ... die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln". Hiermit ist gemeint, dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen durch den Auskunftsanspruch nicht beeinträchtigt werden sollen (und umgekehrt). Dies wird auch in Erwägungsgrund (2) hervorgehoben. Der Schutz des geistigen Eigentums soll hiernach den Schutz personenbezogener Daten nicht behindern. Es ist daher an den Gesetzgebern der Mitgliedstaaten, eine interessengerechte Lösung für das Spannungsfeld zwischen Datenschutz und geistigem Eigentum zu finden. Damit bleibt immerhin zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber einer Beschneidung des Datenschutzes auch im Rahmen der Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie nicht zustimmt und auch zukünftig Eingriffe in die Anonymität der Internetnutzer nicht über Gebühr zulassen wird.