Von Till Kreutzer
Das US-amerikanische Forschungsinstitut Center for Strategic and International Studies (CSIS) hat eine Studie über Open-Source-Initiativen öffentlicher Träger auf der ganzen Welt veröffentlicht. Die Untersuchung führt insgesamt 128 nationale und 57 regionale oder lokale Projekte aus verschiedenen Ländern auf, in denen entweder die Forschung über Freie Software oder deren Einsatz empfohlen, vorgeschrieben oder angeregt wird. Unter dem Strich zeigt sich zwar einerseits, dass die Möglichkeiten eines Einsatzes von Freier Software in staatlichen Stellen mittlerweile in vielen Ländern und Projekten evaluiert wird. Zur Umsetzung kam es bislang jedoch sehr häufig nicht, da die Initiativen in den meisten Fällen nicht über das Vorschlagsstadium hinausgekommen oder - soweit dies der Fall war - noch nicht realisiert worden sind. Nach den Verfassern der Studie hat man weder eine verbreitete Präferenz für den Einsatz von Freier Software festgestellt noch, dass Open Source Software aus technischer Sicht generell als vorzugswürdig angesehen wird. Vielmehr würden die Entscheidungen für eine Abkehr von "proprietärer" Software zumeist aufgrund finanzieller Erwägungen getroffen. Die Stellungnahmen aus den Projekten hätten zudem ergeben, dass die Abkehr von proprietärer Software auf verschiedenen weiteren Gründen basieren. Diese lägen u.a in einer Unzufriedenheit mit der US-amerikanischen Vorherrschaft im kommerziellen Softwarebereich; in der Hoffnung, Anreize für nationale Entwickler zu schaffen; im Verlangen, sich zur Informationsgesellschaft zu bekennen und darin, Kosten einzusparen.
Hintergrund:
Die Studie nennt zu jedem Vorhaben das ausführende Land, die Tätigkeit der aktiven staatlichen Stelle, das Ziel der Initiative, deren Status und eine Kurzbeschreibung. Auch einige multinationale Programme, etwa der EU oder ein Verbundprojekt der Länder China, Süd Korea und Japan sind in der Darstellung enthalten. Das Ergebnis zeigt, dass über den staatlichen Einsatz von OS gleichermaßen in der Dritten Welt wie in den Industrienationen nachgedacht wird. Besonders viele Initiativen werden in China und in der EU durchgeführt. Dagegen sind die USA mit nationalen Programme kaum vertreten. Hier sind es v.a. Einzelstaaten, die Open Source-Projekte durchführen. Aus Deutschland werden 3 Programme auf regionaler und Länderebene und immerhin 8 Programme auf Bundesebene gemeldet.
Die Untersuchung des CSIS bietet einen anschaulichen Überblick über staatliche Aktivitäten im Bereich Freier Software. Der Informationsgehalt wird durch umfangreiche Quellenangaben erhöht. Leider ergibt sich aus der Studie nicht, ob diese abschließend ist oder - falls dies nicht der Fall sein sollte - nach welchen Kriterien die dargestellten Projekte ausgesucht wurden. Es wird lediglich angegeben, dass man reine Erwerbsentscheidungen nicht aufgeführt habe, da diese nicht unbedingt auf strategische, sondern u.U. auf rein ökonomische Erwägungen zurückzuführen seien. Das Ergebnis zeigt eine klare internationale Tendenz, sich dem staatlichen Einsatz von OS zu öffnen. Nur 8 der weit über 150 untersuchten Initiativen werden als gescheitert gemeldet. Grund zur Euphorie für die Verfechter Freier Software bietet die Studie jedoch (noch) nicht. Da die meisten Programme noch nicht umgesetzt wurden, bleibt die Frage, ob Freie Software zukünftig in öffentlichen Einrichtungen verstärkt eingesetzt wird, letztlich offen. Es steht zu wünschen, dass die Untersuchung fortgeführt wird.