Amerikanische Filmindustrie startet Klagewelle gegen Tauschbörsen-User

Von Dr. Julia Küng
 
Nunmehr folgt die amerikanische Filmindustrie dem Beispiel der Musikbranche und wird User von Film-Tauschbörsen vor Gericht bringen. Die MPAA („Motion Picture Association of America“) spricht von einem jährlichen Schaden von drei Milliarden Dollar durch die Nutzung und den Tausch illegaler Filmkopien und hat nach Angaben des Wall Street Journals vor, in Kürze in einer ersten Klagewelle mehr als 200 Klagen einzubringen. Vorerst werden diese gegen Unbekannt gerichtet sein, da derzeit das einzige Identifikationsmerkmal der User deren IP-Nummer ist. Gleichzeitig werden die Internet-Provider auf Herausgabe der Nutzerdaten geklagt werden, um anhand der dadurch erlangten Daten Schadenersatzansprüche gegen die User in Höhe von 30.000 bis 150.000 US-Dollar pro illegal angebotenem Film geltend zu machen.

Hintergrund:

Die „Recording Industry Association of America” (RIAA) geht nunmehr seit längerem massiv gegen Tauschbörsennutzer vor. Seit einiger Zeit wiederholen sich die Klagewellen monatlich. Die Filmindustrie ist im Moment noch weniger von illegalem Download betroffen als die Musikindustrie. Laut Marktforscher Big Champagne machen Spielfilme nur rund zwei Prozent der in File-Sharing-Netzwerken ausgetauschten Daten aus, während rund 60 Prozent der gesamten Daten Musik- oder andere Audio-Dateien sind. Die zunehmende Verbreitung von Breitband-Internet führt aber zu einem raschen Anstieg der Film-Downloads. Die MPAA hat bislang auf andere Methoden, wie das Beantragen neuer Gesetze, das Verfolgen der Tauschbörsenbetreiber und Aufklärung gesetzt, möchte die Art der Verfolgung durch die Musikindustrie nun aber doch in ganz massiver Weise nachahmen. Eine der Ursachen dafür dürfte auch darin liegen, dass die MPAA und die RIAA ein Verfahren gegen die Tauschbörsenbetreiber Streamcast Networks und Grokster bereits in zwei Instanzen verloren haben, da diese auch nach der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht für die Handlungen der einzelnen User verantwortlich gemacht werden können. Die MPAA und die RIAA ziehen nun gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts vor den Supreme Court. Gegen die User startet die MPAA nicht „nur“ Klagewellen, sondern diese sollen von einer Kampagne begleitet werden, bei der die Usernamen unter der Überschrift „Sind das Sie?“ eingeblendet werden. Umrahmt werden diese Aktivitäten durch aufmunternde Zurufe von US-Politikern wie Österreichs Export Arnold Schwarzenegger, der in erwarteter Weise nicht zur Suche friedlicher Lösungen oder gar moderatem Vorgehen anregt, sondern der MPAA zu ihrer Entscheidung "to take strong action" gratuliert, da die Tauschbörsennutzer die kalifornische Wirtschaft gefährden würden.

So klar es nachvollziehbar ist, dass die Musik- und die Filmindustrie diesen verbotenen und daher abzulehnenden Umgang mit Musikstücken und Filmen stoppen wollen, müssen doch die Mittel zur Erreichung dieses Ziels auf ihre Eignung hin geprüft werden. Es darf nicht übersehen werden, dass man sich hier auf sehr stark gefühlsbesetzten und vor allem der Freizeit gewidmeten Gebieten bewegt. So werden Filme und Musikstücke in erster Linie zur Erholung, Entspannung und zum Vergnügen konsumiert und dementsprechend sind die Assoziationen der meisten Menschen zu Musik und Film angenehm und positiv. Wichtig ist für die Konsumenten, aber genauso für die Industrie, dass das so bleibt und so muss einerseits bedacht werden, dass ein agressives Image dieser beiden Branchen nicht nur auf die Anbieter und Konsumenten illegaler Kopien Eindruck macht, sondern sich auch leicht auf die positive Einstellung und damit die Konsumfreudigkeit legaler Konsumenten durchschlagen kann. Außerdem sollte man sich überlegen, wie man den anscheinend beträchtlichen und daher für die Film- und Musikindustrie auch als potentiellen Kundenstamm wohl interessanten Kreis illegaler User nicht derart verschreckt, dass das Wort "Film" oder "Musik" fortan eher bedrohlich als verlockend auf diese wirkt.

Einen zwar für die Musik- und Filmindustrie als Ganze vermutlich nicht heranziehbaren, aber dennoch äußerst charmanten Weg geht die Rockgruppe Queen, die sich in diesem Fall dem Vorgänger der illegalen Downloads, nämlich den aus früheren Zeiten stammenden illegalen Konzertmitschnitten, den sog. "Bootlegs" widmet. Die Rockgruppe hat nun angekündigt, gezielt gegen die immer noch massenhaft kursierenden illegalen Mitschnitte vorzugehen. Jedoch meint sie dies nicht in Arnies Sinne von „strong action“, sondern verlautbart in einer Pressemitteilung, dass nur wenige der am Schwarzmarkt gehandelten Bootlegs auch ihr Geld wert seien. Aus diesem Grund bietet sie nun ab dieser Woche monatlich auf ihrer offiziellen Band-Homepage drei der von ihnen ausgewählten besten 100 illegalen Konzertmitschnitte zum Download für je 5 Dollar an, wobei der Erlös dem Mercury Phoenix Trust, einer Stiftung zur Bekämpfung von Aids, zufließen wird. Diesen Monat gibt`s übrigens die Alben „Jazz Final“ aus 1979, „Last Stand“ aus 1985 und „Life is real“ aus 1982.