BGH: Datenbankschutz auch bei andersartiger Anordnung

Von Dr. Carsten Schulz
 
Bereits Mitte Juli 2005 entschied der Bundesgerichtshof (Urteil des I. Zivilsenats vom 21.7.2005 - I ZR 290/02 - "HIT BILANZ"), dass das ausschließliche Recht eines Datenbankherstellers, die Datenbank insgesamt oder in einem nach Art oder Umfang wesentlichen Teil zu vervielfältigen, auch dann verletzt sein kann, wenn die entnommenen Daten auf andere Weise zusammengefaßt werden.

Hintergrund:

Ein Unternehmen hatte Daten über die Nutzung des Musik-Hit-Repertoires im Hörfunk der Bundesrepublik Deutschland erhoben und wöchentlich durch statistische Stichproben die Verkaufszahlen der entsprechenden Tonträger ermittelt. Aus diesen Daten wurden sodann sogenannte "Airplay-" und "Music-Sales-Charts" erstellt, die wöchentlich die aktuelle Plazierung, den Titel und den Interpreten, das "Label", die in der Vorwoche erreichte Position sowie die für die Plazierung maßgebliche Punktzahl auswiesen. Ein Verlag hatte ohne Einwilligung des Unternehmens die Charts verwendet, um in Buchform und auf CD-ROM eine Liste von Interpreten und ihrer Hits herauszugeben, die nach bestimmten Kriterien sortiert war. Sie faßte dabei jeweils größere Zeiträume zusammen und sortierte die dargestellten Hitlisten alphabetisch nach den Interpreten. Dabei gab sie die Titel, mit denen der Interpret in den Charts vertreten war, aufsteigend nach Jahren geordnet an und verzeichnete die Anzahl der Wochen, in denen der Titel in den Charts notiert war. Ferner benannte sie das Label des Produzenten. In der CD-ROM-Version war die Liste mit einer Suchfunktion versehen.

Die Vorinstanz (OLG München) hatte aufgrund der andersartigen Anordnung in der Übernahme der Daten keinen Verstoß gegen das Datenbankrecht des Herstellers der Charts gesehen. Der Liste der Beklagten fehle die für die Chart-Listen typische Anordnung der Daten in Form einer Ranking-Liste, geordnet nach Häufigkeit und Titel. Dem ist der Bundesgerichtshof entgegengetreten. Insbesondere wies der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darauf hin, dass nach den Erwägungsgründen zur Europäischen Datenbankrichtlinie das Recht auf Verbot der Entnahme und/oder Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts sich nicht nur auf die Herstellung eines parasitären Konkurrenzprodukts beziehe, sondern auch auf einen Benutzer, der durch seine Handlungen einen qualitativ oder quantitativ erheblichen Schaden für die Investition verursache. Der Begriff des "Vervielfältigens" beziehe sich auf jede Handlung, die darin bestehe, sich ohne die Zustimmung der Person, die die Datenbank erstellt habe, die Ergebnisse ihrer Investition anzueignen bzw. sie öffentlich verfügbar zu machen und ihr damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihr ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren.