Bundestag beschließt Verlängerung der Lehr- und Wissenschaftsschranke

Von Till Kreutzer
 
Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 29. Juni 2006 beschlossen, die für Lehre und Forschung wichtige Schrankenbestimmung des § 52a UrhG bis Ende 2008 zu verlängern. Der Bundestag folgte damit einer "Beschlussempfehlung" der Fachausschüsse vom 28. Juni. Die Entscheidung fiel abseits der Grabenkämpfe um den "Zweiten Korb". Sie wurde im Rahmen der Umsetzung der so genannten Folgerechtsrichtlinie durch das "Fünfte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes" getroffen.

Hintergrund:

§ 52a UrhG gestattet es, Teile von Werken, Werke geringen Umfangs und einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ohne Zustimmung der Rechtsinhaber online zu stellen. Nach der ersten Variante der Vorschrift ist dies Bildungseinrichtungen gestattet, damit sie den Unterrichtsteilnehmern geschütztes Material über Intranets zur Verfügung stellen können. Nach der zweiten Variante dürfen auch Forschungsnetzwerke derartige Nutzungshandlungen vornehmen. Für die Nutzung ist eine angemessene Vergütung zu bezahlen.

Die Regelung ist vor allem für Schulen unerlässlich, um ihren Unterricht durch den Einsatz von neuen Medien zu unterstützen. Ohne die Sonderbestimmung müssten die Lehrer oder Bildungseinrichtungen stets Nutzungsrechte einholen, bevor sie etwa einen Artikel oder ein Bild zur (Online-)Nutzung der Schüler auf einen Server stellen dürften. Im Schulalltag ein Ding der Unmöglichkeit. Vor allem E-Learning-Angebote, die sich durch den Einsatz von Online-Technologien auszeichnen, ist die Regel daher von wesentlicher Bedeutung.

Um die Verwendung neuer Medien in Forschung und Lehre zu stützen - oder gar erst zu ermöglichen - hatte der Gesetzgeber durch das "Erste Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" (so genannter "Erster Korb") im Jahr 2003 die Sonderregelung des § 52a UrhG geschaffen. Vor allem von Seiten der Verlagswirtschaft war die Norm jedoch stark kritisiert worden. Der Bundesgesetzgeber verlegte sich damit auf einen Kompromiss. Durch § 137k UrhG wurde die Geltungsdauer der Schrankenbestimmung auf etwas über drei Jahre (bis zum 31. Dezember 2006) begrenzt. Während dieser Dauer sollte das Bundesministerium der Justiz deren Auswirkungen - -vor allem für die wirtschaftlichen Interessen der Rechtsinhaber - beobachten.

Rechtzeitig vor Ende der Frist setzte der Gesetzgeber den Paragrafen wieder auf die Tagesordnung. Nach der Beschlussempfehlung der Fachausschüsse ist "eine abschließende Bewertung der Auswirkungen des § 52a UrhG zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich." Begründet wird dies unter anderem damit, dass Vereinbarungen über die gem. § 52a Absatz 4 UrhG geschuldete angemessene Vergütungen für Nutzungshandlungen nach der Lehr- und Forschungsschranke bis heute nicht getroffen wurden. Seit Jahren verhandeln Verlage und die Kultusministerkonferenz (KMK) über Höhe und Ausgestaltung der Tantiemen. Da es bislang zu keiner Einigung kam, ist es derzeit auch noch nicht abzusehen, inwiefern die wirtschaftlichen Interessen der Rechtsinhaber durch die Vergütungszahlungen gewahrt werden können.