Entscheidung des LG Berlin bestätigt Durchsetzbarkeit der GPL

Von Dr. Till Jaeger
 
Ein Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 (16 O 134/06) bestätigt die Durchsetzbarkeit der GNU General Public License (GPL) in Deutschland. Nach dem LG München I ist das LG Berlin nunmehr das zweite deutsche Gericht, das dem Urheber bei einer Verletzung der GPL urheberrechtliche Unterlassungsansprüche zuspricht.

Hintergrund:

Das LG München I hatte im Jahr 2004 erstmals über die Wirksamkeit der GPL und ihre Durchsetzbarkeit vor einem deutschen Gericht zu entscheiden (vgl. die Nachricht der Woche vom 26. Juli 2004) und dabei wichtige Grundfragen der rechtlichen Struktur der Lizenz zu behandeln. Zu den wesentlichen Aspekten gehörte die Frage, ob Open Source Lizenzen wirksam abgeschlossen werden können und wie die Verknüpfung von Rechten und Pflichten in der GPL juristisch zu behandeln ist. Das LG München I vertrat dabei die Auffassung, dass Ziffer 4 GPL ("automatic termination" clause) im Sinne einer auflösenden Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB zu behandeln sei. Dem Urteil folgte eine breite Diskussion in der rechtswissenschaftlichen Literatur, die dem LG München I inhaltlich ganz überwiegend folgte.

Der Beschluss des LG Berlin, der in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergangen und dementsprechend knapp gehalten ist, schließt sich der herrschenden Auffassung an, dass mit der Verletzung der sich aus der GPL ergebenden Pflichten automatisch ein Wegfall der eingeräumten Rechte eintritt. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Telekommunikationsunternehmen, das im Bundling mit einem DSL-Anschluss auch WLAN-Router vertrieb, nicht darauf hingewiesen, dass das Produkt GPL-lizenzierte Software enthält. Zudem war der entsprechende Sourcecode nicht angeboten worden. Das Unternehmen beging nach Auffassung des Gerichts damit eine Urheberrechtsverletzung und ist Unterlassungsansprüchen der Entwickler ausgesetzt. Wie das Projekt gpl-violations.org des klagenden Programmierers Harald Welte zeigt, haben gerade Anbieter von Embedded-Produkten, deren Firmware auf einem Linux-Kernel aufbaut, in großem Umfang Probleme mit der Einhaltung der Lizenzpflichten. Die Entscheidung des LG Berlin lässt erkennen, dass dies nicht immer bewusst geschieht, sondern beim Einkauf von Produkten oder Software offenbar kein angemessenes Lizenzmanagement vorhanden ist.

Neue Aspekte enthält die Entscheidung des LG Berlin im Hinblick auf den Erschöpfungsgrundsatz. Der in § 69c Nr. 3 UrhG geregelte Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass sich das Verbreitungsrecht des Urhebers erschöpft, d.h. nicht mehr gegen den Veräußerer eines Werkexemplars geltend gemacht werden kann, wenn ein solches Werkexemplar mit der Zustimmung des Rechtsinhabers in Verkehr gebracht wurde. Das LG Berlin hat bestätigt, dass dies auch bei der Open Source Lizenzierung der Fall ist und GPL-widrig vertriebene Vervielfältigungsstücke - hier die linuxbasierten WLAN-Router - eben nicht mit Zustimmung der Entwickler in Verkehr gebracht wurden und demnach auch keine Erschöpfung eingetreten ist. Die Entscheidung des LG Berlin ist rechtskräftig.