EU-Richtlinie zum Urheberrecht auch für Software relevant

Von Dr. Till Jaeger

Bei den jüngsten Auseinandersetzungen über die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Urheberrechts in deutsches Recht blieb relativ unbemerkt, dass sich diese Richtlinie durchaus auch auf den urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen auswirkt. Um bei der Neufassung des Urheberrechtsgesetzes Unklarheiten zu vermeiden, hat das ifrOSS in einer weiteren Eingabe (Stellungnahme zur Umsetzung des Art. 6 Richtlinie 2001/29/EG im Verhältnis zu den §§ 69 a ff. UrhG) an das Bundesministerium der Justiz auf die problematischen Gesichtspunkte hingewiesen.

Hintergrund:

Die EU-Richtlinie regelt in erster Linie den urheberrechtlichen Rahmen in der Informationsgesellschaft, wobei die herkömmlichen Werkgattungen im Vordergrund stehen. Nach Artikel 1 Abs. 2 , lit. a der Richtlinie bleiben die bereits bestehenden Regelungen über Computerprogramme - insbesondere in der Computer-Richtlinie von 1991 (91/250/EWG) unberührt. Daher spielte der Softwareschutz bislang keine große Rolle bei den Überlegungen, wie die Richtlinie am Besten in nationales Recht umgesetzt werden kann. Selbst die Interessenverbände der Softwareindustrie, etwa die Bitkom, haben bei ihren Stellungnahmen diesen Bereich nicht berücksichtigt. Artikel 1 Abs. 2, lit. a RL 2001/29/EG besagt aber nicht, dass der Bereich der Software vollständig von der Urheberrechtsrichtlinie ausgenommen ist, sondern nur, dass die bestehenden Regelungen "unberührt" bleiben müssen. Solche Bereiche, die durch die Computer-Richtlinie von 1991 überhaupt noch nicht geregelt wurden, werden daher durch die neue Urheberrechtsrichtlinie mitumfasst.

Dies gilt etwa für das "Online-Recht", also die Befugnis, Software im Netz zugänglich zu machen. Delikat wird dieser Punkt dadurch, dass sich in diesem Zusammenhang vor allem die Frage stellt, welche Urheberrechtsschranken auf das "Online-Recht" Anwendung finden und wie technische Schutzmaßnahmen zu behandeln sind.

Praktisch relevant wird diese Frage beim "Application Service Providing" (ASP). Dabei wird Software ausschließlich auf der Grundlage der Online-Rechts genutzt. Darf der Anbieter durch technische Schutzmaßnahmen verbieten, dass der berechtigte Nutzer die Software dekompiliert, um mit seinen eigenen Programmen Interoperabilität herzustellen? Sind also die Schranken der Computer-Richtlinie und/oder der neuen Urheberrechtsrichtlinie anwendbar? Erwägungsgrund 50 der Richtlinie gibt einen Hinweis: "It should neither inhibit nor prevent the development or use of any means of circumventing a technological measure that is necessary to enable acts to be undertaken in accordance with the terms of Article 5(3) or Article 6 of Directive 91/250/EEC. Articles 5 and 6 of that Directive exclusively determine exceptions to the exclusive rights applicable to computer programs." Offenbar sollen auch künftig bei der Verwertung von Computerprogrammen die bisher bestehenden Schranken (Sicherungskopie, Dekompilierung zur Herstellung der Interoperabilität) Anwendung finden. Dies gilt es auch im neuen Urheberrechtsgesetz klarzustellen.