Neuwahlen: Wird der "Zweite Korb" neu gepackt?

Von Dr. Axel Metzger
 
Die Ankündigung von Neuwahlen für den Bundestag vom 22.05.2005 dürfte das Ende des "Zweiten Korbs" in seiner gegenwärtigen Form bedeuten. Nach aktueller Planung wird der Bundestag in der kommenden Woche seine letzten drei Sitzungen vor der Sommerpause abhalten. Das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft steht nicht mehr auf der Tagesordnung. Glaubt man den Meinungsumfragen, so wird nach der Bundestagswahl am 18.09.2005 eine von der CDU geführte Regierung über den Fortgang der Urheberrechtsreform entscheiden. Dass unter diesen Bedingungen der gegenwärtige Entwurf noch zum Regierungsentwurf werden könnte, erscheint als unwahrscheinlich. Kurzum: der "Zweite Korb" wird, wenn überhaupt, in veränderter Form und jedenfalls nicht mehr im Jahr 2005 kommen.

Ist das ein Grund zur Freude oder zur Trauer? Weder noch. Im Hinblick auf einige Regelungen des Entwurfs darf man hoffen, dass die nun eingeläutete Denkpause zu einer Läuterung der Beteiligten führen wird. Dies gilt etwa für die im Entwurf vorgesehene Einschränkung des § 31 Abs. 4 Urheberrechtsgesetzes. Gleiches gilt im Hinblick auf die Berechtigung, digitale Privatkopien zu erstellen, wenn sich der Rechtsinhaber technischer Schutzmaßnahmen bedient; hier hat der Entwurf nicht die erhoffte Erweiterung des § 95b Abs. 1 S. 1 Nr. 6 UrhG gebracht.

Andererseits werden durch die nun eingetretene Veränderung der politischen Großwetterlage auch die begrüßenswerten Vorschriften des Entwurfs zunächst nicht Gesetzeskraft erlangen. Dies gilt etwa für die "Linux-Klausel II" in § 32a Abs. 3 S. 3 UrhG, aber auch für die Berücksichtigung des Einsatzes von technischen Schutzmaßnahmen bei der Bemessung der Kopierabgaben gem. § 54a Abs. 1 UrhG.

Man muss nun zunächst abwarten, ob die künftige Bundesregierung die Gesetzesinitiative weiter verfolgen wird. Sollte es zu einem "Zweiten Korb" kommen, so sind von einer CDU/FDP-Regierung jedenfalls weder eine Erweiterung der Freiräume für die Nutzer urheberrechtlich geschützter Inhalter noch ein erhöhtes Schutzniveau für Urheber gegenüber den übermächtigen Verwertern zu erwarten.

Die EG-Richtlinie 2001/29 zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft verpflichtet die künftige Bundesregierung nicht zu weiteren Aktivitäten. Die Pflichtvorgaben wurden bereits im Jahr 2002 umgesetzt. Für die EG-Richtlinie 2004/84 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums besteht dagegen unmittelbarer Handelungsbedarf. Die Umsetzungfrist für diese Richtlinie läuft am 29.04.2006 ab. Im Bundesjustizministerium sind bereits die Vorarbeiten für einen entsprechenden Gesetzesentwurf im Gange.