OLG Düsseldorf entscheidet über das Verhältnis zwischen GPL und Markenrecht

Von: Dr. Till Kreutzer

 

In einem Urteil vom 28. September 2010 hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Az. I-20 U 41/09) unter anderem mit der Frage beschäftigt, ob sich aus der GPL eine Lizenz zur Nutzung einer geschützten Marke ergibt. Das OLG (siehe im Urteil Seite 14) lehnte dies ab, die GPL verleihe dem Nutzer lediglich eine urheberrechtliche Nutzungslizenz, auch eine konkludente Gestattung zur Markennutzung könne man ihr nicht entnehmen. 

 

In dem Rechtsstreit klagte der Inhaber der europäischen Wort-/Bildmarke „xt:Commerce“ (Abbildung siehe Urteilskopie), unter der die gleichnamige Open Source Software zur Verwaltung von Online-Shops vertrieben wird. xt:commerce Version 3 steht unter der GPLv2. Der Beklagte bietet SEO-Dienstleistungen und Software an, die auf xt:Commerce basiert.

 

Einer der streitgegenständlichen Aspekte betraf eine Ankündigung des Beklagten in einem Forum, ein „xt:Commerce SP2.1 Update“, also ein Update der Open Source Software x:Commerce, online stellen zu wollen. Die Klägerin sah in dieser Ankündigung eine Markenrechtsverletzung, da sie der Verwendung ihrer Marke zum Vertrieb von geänderten Programmversionen nicht zugestimmt habe. Auch aus der GPL ergebe sich keine Befugnis, Updates der hierunter stehenden Software unter der markenrechtlich geschützten Originalbezeichnung zu vertreiben.

 

OLG: Keine Markenlizenz aus der GPL

 

Das OLG sah dies genauso. In dem Urteil (Seite 14) heißt es: „Die GPL regelt lediglich die urheberrechtlichen Aspekte der Nutzung eines ihr unterstellten Computerprogramms, markenrechtliche Bestimmungen enthält das Regelwerk nicht. Eine (konkludente) markenrechtliche Nutzungsberechtigung ergibt sich auch nicht aus der Natur der Sache. Die urheberrechtliche Nutzungsberechtigung läuft ohne die markenrechtliche nicht leer. Der Berechtigte kann das von ihm legal vervielfältigte Programm unter einem anderen (eigenen) Namen vertreiben.

 

Allgemein: Markenrecht und Open-Source-Lizenzen

 

Das Gericht greift damit eine schwierige Rechtsfrage, besser: einen schwierigen Fragenkomplex, im Zusammenhang mit Open Source Software auf: Darf ein Bearbeiter seine Version einer Open Source Software unter demselben Programmnamen vertreiben, wenn dieser marken- oder titelschutzrechtlich geschützt ist? Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als trivial und dabei von großer praktischer Relevanz. Sie wird dadurch erschwert, dass sich die meisten Open-Source-Lizenzen nicht zu markenrechtlichen Aspekten äußern.

 

Markenrechte bei Lizenzen mit entsprechender Markenrechtsklausel

 

Vor allem die bedeutende GPLv2 enthält keine markenrechtlichen Regelungen. Anders zum Beispiel die Apache License 2.0, nach deren Ziff. 6 die Marke Apache für veränderte Version von Apache-Software nicht verwendet werden darf. Auch in den FAQ der Apache Foundation wird dies ausdrücklich untersagt. Als Hinweis für die Vorgehensweise beim Vertrieb geänderter Programmversionen durch Dritte heißt es in den FAQ: „You must not use the Foundation's marks in any way that states or implies, or can be interpreted as stating or implying, that the final product is endorsed or created by the Apache Software Foundation. For example, it would be acceptable to use a name like 'SuperWonderServer powered by Apache', but never a name like 'Apache SuperWonderServer'. This is similar to the distinction between a product named 'Microsoft Burp' and 'Burp for Microsoft Windows'. You may similarly identify the specific Foundation project whose code you're using, such as with 'based on Apache Xerces' or 'powered by Apache Tomcat technology'.“

 

Die Apache-Foundation verlangt also – ähnlich den markenrechtlichen Regelungen – einen aussagekräftigen Zusatz, der verdeutlicht, dass es sich zwar um eine geänderte Version einer Apache-Software handelt, diese jedoch nicht von Apache selbst stammt.

 

Lizenzen ohne Markenrechtsklausel

 

Bei Lizenzen, die keine markenrechtliche Regelung enthalten, ist die Frage, ob und inwieweit der Titel des ursprünglichen Programms (soweit er geschützt ist), beim Vertrieb von einfachen Programmkopien (unveränderter Versionen) oder bei geänderten Versionen beibehalten werden darf, umso schwieriger zu beantworten. Grundsätzlich kann man sagen, dass das Open-Source-Modell auch funktioniert, wenn sich aus der Lizenz keine markenrechtliche Gestattung ergibt. Denn auch wenn eine veränderte Fassung unter anderem Namen vertrieben wird, können die Nutzer es beliebig vervielfältigen, verändern und verbreiten. Auf die urheberrechtlichen Nutzungsbefugnisse hat – hier ist dem OLG zuzustimmen – die markenrechtliche Frage im Prinzip keinen Einfluss.

 

Titelschutzrechte und "derivative works"

 

Sinnvoll wird dieses Ergebnis jedoch gerade in den Fällen, in denen eine große und offene Community gemeinsam an Entwicklung und Weiterentwicklung eines Programms arbeitet, nicht sein. Relevant ist das Problem insbesondere im Hinblick auf das Titelschutzrecht, das – anders als die Registermarke – ohne Eintragung „automatisch“ durch die Benutzung des Titels entsteht). Programmnamen werden daher häufig dem Titelschutzrecht unterliegen, während Marken für die Titel von Open Source Software nur in Sonderfällen angemeldet oder durch Benutzung entstanden sein werden.

 

Der Titelschutz dient insbesondere der Identifizierung des „Werkes“ (also der Software) und dessen Unterscheidung von anderen Werken. Diesem Ziel würde es zuwiderlaufen, wenn jeder Entwickler seiner Version einen neuen Programmnamen geben müsste. Denn dann könnte es zu einer Unzahl unterschiedlicher Versionen des gleichen Programms kommen, die alle einen anderen Programmnamen tragen. Dies wäre nicht im Sinne der Entwickler. Daher wird man sagen können, dass bei einer gemeinsamen Arbeit an einem Programm jeder Entwickler zumindest eine Lizenz vom Rechteinhaber erhält, denselben Titel zu verwenden (im Zweifel gepaart mit einem unterscheidungskräftigen Versionszusatz oder einem Namenszusatz wie „Ubuntu Linux“) und die Software hierunter zu vertreiben.

 

Markenrechtliche Ansprüche

 

Sind jedoch – wie in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall – Markenrechte registriert, kann das Ergebnis anders ausfallen. Eine Marke hat – anders als das Titelschutzrecht – nicht nur Unterscheidungs- sondern auch eine Herkunfts- und Qualitätsfunktion. Sie weißt in der Regel auf ein Unternehmen hin (so wie MySQL), mit dem die Nutzer eine gewisse Qualitätsvorstellung verbinden. Diese Herkunftsfunktion könnte Schaden nehmen, wenn etwa Softwareversionen von MySQL in Umlauf gelangen, die nicht von MySQL entwickelt wurden. Denn dann werden die Nutzer im Zweifel davon ausgehen, dass die Weiterentwicklungen auch von MySQL stammen, obwohl dies nicht zutrifft. Ist die modifizierte Version fehlerhaft, könnte das den Ruf des Unternehmens beschädigen. In diesen Fällen müsste also darauf geachtet werden, dass Herkunftstäuschungen vermieden werden, etwa indem den Programmfassungen Hinweise wie „basiert auf der MySQL-Software XY“ oder ähnliches hinzugefügt werden. Insofern decken sich die Anforderungen aus der APL 2 mit denen des deutschen Markenrechts und gelten gleichermaßen auch für Lizenzen (wie die GPLv2), die keine Markenrechtsklausel enthalten.

 

Fazit 

 

An diesen Überlegungen sollte sich zeigen, dass das Thema Markenrecht bei der Nutzung von Open Source Software allerhand Stolpersteine enthält, von denen die wenigsten bislang eindeutig geklärt sind.

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