U.S. Supreme Court: Eldred v. Ashcroft

Von Carsten Schulz
 
Der U.S. Supreme Court hat am 15.1.2003 (Eldred v. Ashcroft) bestätigt, dass die Verlängerung der Schutzfristen des u.s.-amerikanischen Copyright durch den Copyright Term Extension Act (CTEA) auch für zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte Werke verfassungsgemäß gewesen ist(Download des Urteils unter http://www.supremecourtus.gov/opinions/02pdf/01-618.pdf, 871 kb).

Hintergrund:

Aufgrund des CTEA waren im Jahre 1998 einheitlich die Schutzfristen für natürliche Personen von 50 auf 70 Jahre nach dem Ableben des Urhebers und auf 95 Jahre für "works made for hire" und für anonyme Werke verlägert worden. Nach Auffassung der Kläger verstieß dabei die rückwirkende Ausdehnung der Schutzfristen auch auf die zu diesem Zeitpunkt bereits existierenden Werke sowohl gegen die verfassungsrechtliche Ermächtigung zum Erlass zeitlich befriseter Urheberrechte (Copyright and Patent Clause) als auch gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Das Gericht wies die Klage mehrheitlich mit 6:2 Stimmen zurück. Einer rückwirkenden Ausdehnung auf bereits existierende Werke stehe die Copyright and Patent Clause ("Congress shall have Power...to promote the Progress of Science...by securing [to Authors] for limited Times...the exclusive Right to their...Writings"), nicht entgegen. Insbesondere sei der Beschränkung "limited times" kein Verbot der nachträglichen Ausdehnung der Schutzfristen zu entnehmen. Auch ein Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung nach dem ersten Zusatz der US-Verfassung liege nicht vor. Dabei hob das Gericht insbesondere hervor, dass der U.S. Copyright Act selbst eine Reihe von Klauseln enthalte, die auch bei einer Ausdehnung der zeitlichen Schutzfristen sicherstellten, dass keine Beschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung stattfinde. So sei von vornherein allein der "Ausdruck", nicht hingegen Ideen, Entdeckungen oder Prinzipien geschützt. Darüber hinaus gestattete der "fair use" unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Übernahme nicht nur der Ideen sondern auch des Ausdrucks.
Im abweichenden Votum des Richter Stevens vertrat dieser hingegen die Auffassung, dass die rückwirkende Verlängerung der Schutzfristen eine verfassungsrechtlich beachtliche Verletzung der Copyright and Patent Clause darstelle. Dabei argumentierte er unter anderem, die ratio der verfassungsrechtlichen Patent and Copyright Clause liege allein darin, im Interesse der Allgemeinheit einen Anreiz für die Schaffung neuer Werke durch die zeitlich befristete Gewährung von Monopolen zu gewähren. Die nachträgliche Verlängerung der Schutzfristen könne aber von vornherein keine Anreizfunktion für die Schaffung bereits existierender Werke haben. Auch liege sie nicht im Interesse der Allgemeinheit, sondern stelle vielmehr einen Transfer öffentlichen Vermögens an die Rechteinhaber dar.
Noch weitergehend stellte Richter Breyer in seinem abweichenden Votum darauf ab, dass die Verlängerung der Schutzfristen ebenso für bereits bestehende wie auch für zukünftige Werke verfassungsrechtlich unzulässig sei. Breyer, bereits in der Vergangenheit ein prominenter Kritiker extensiven urheberrechtlichen Schutzes (vgl. grundlegend Breyer, Stephen, The Uneasy Case for Copyright: A Study of Copyright in Books, Photocopies, and Computer Programs, 84 Harvard Law Review, 281 ff. [1970]), hob dabei unter anderem hervor, dass die Patent and Copyright Clause von vornherein eine doppelte gemeinwohlfördernde Funktion habe. Zunächst profitiere die Allgemeinheit dadurch, dass aufgrund der Gewährung monetärer Anreize neue Werke geschaffen würden. Darüber hinaus liege aber eine zweite und ebenso beachtliche Förderung des Gemeinwohls darin, dass nach Ablauf der zeitlich befristeten Monopolstellung das Werk der Allgemeinheit uneingeschränkt zur Verfügung stehe.
Die Ausdehnung der Schutzfristen durch den CTEA erfülle beide Funktionen nicht. Einerseits würden die Anreize für die Autoren zur Schaffung neuer Werke nicht erhöht, da eine derart lange Verwertungsdauer ex ante kaum prognostizierbar sei und zudem zeitlich derart fernliegende Gewinnchancen heute einen extrem geringen monetären Wert hätten. Andererseits führe die Ausdehnung der Schutzfristen dazu, dass die Förderung des Gemeinwohls durch uneingeschränken Zugang nach Ablauf der Schutzfristen weitgehend ausgehebelt werde. Denn für die ganz überwiegende Mehrheit der Werke bedeute eine derartige Ausdehnung, dass die Monopolposition bis über das Ende der wirtschaftlichen Verwertbarkeit hinaus und damit nicht zeitlich befristet ("limited times") sondern ewig ("perpetual") gewährt werde.