Open Database License (ODbL) veröffentlicht

Von Prof. Dr. Axel Metzger
 
Das Projekt Open Data Commons hat Version 1 der Open Database License (ODbL) veröffentlicht. Die Lizenz ist von besonderem Interesse, weil sie spezifisch auf die Lizenzierung von Datenbanken ausgerichtet ist und das zweigleisige Rechtsschutzsystem der europäischen Datenbankrichtlinie aus dem Jahr 1996 zugrunde legt, siehe Ziffer 2 der Lizenz. Die Lizenz übernimmt einige Elemente aktueller OSS- und Open Content-Lizenzen einschließlich der GNU General Public License Version 3 und der Creative Commons Lizenzen Version 3.0, weist aber auch innovative Vorschriften auf. Im Advisory Council des Projekts finden sich Juristen, Ökonomen und Technologieexperten aus Großbritannien, den USA und den Niederlanden.

 
Hintergrund:

Eine wesentliche Einschränkung der Freiheiten der Nutzer findet sich gleich in der Präambel sowie in Ziffer 2.4. Die ODbL regelt nur die Schutzrechte an der entsprechend lizenzierten Datenbank, nicht aber die gegebenenfalls bestehenden Rechte an den Inhalten. Handelt es sich hierbei um urheberrechtlich, datenschutzrechtlich oder auf sonstige Weise geschützte Inhalte, kann es sein, dass der Erwerber einer Kopie der Datenbank diese letztlich doch nicht entsprechend den Bestimmungen der ODbL nutzen kann, weil ihm die Rechte an den betreffenden Inhalten fehlen. Ob die lizenzrechtliche Spaltung von Datenbankrechten und Inhalten der Weisheit letzter Schluss ist, mag man bezweifeln. Das Open Data Commons Projekt sollte in Betracht ziehen, eine weitere Version der Lizenz aufzulegen, welche die parallele Lizenzierung von Datenbank und Inhalten gestattet.

Ziffer 3.1 regelt die für OSS-Lizenzen typische Einräumung weitreichender Nutzungsrechte. Die Rechtseinräumung zählt die wichtigsten Nutzungsarten auf und trägt damit den restriktiven Regeln des Urhebervertragsrechts in einigen Rechtsordnungen einschließlich Deutschlands Rechnung. Ausdrückliche Erwähnung findet dabei auch das Recht des „making available to the public“. Ziffer 3.2 greift die Regelungen der Creative Commons Lizenzen zu „compulsory license schemes“ auf. Ziffer 3.3 sieht einen ausdrücklichen Vorbehalt für „dual license“-Lizenzmodelle vor.

Ziffer 4 formuliert die für OSS-Lizenzen typischen Pflichten der Nutzer, welche nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Lizenz als vertragliche Pflichten gedacht sind. Die Pflichten sind nur zu erfüllen, wenn der Nutzer die Datenbank „conveyed“, was in Übereinstimmung mit der GNU GPL Version 3 als Nutzung verstanden wird, bei der eine dritte Person Kopien der Datenbank erhalten oder herstellen kann. Ziffer 4.4 regelt in Anlehnung an die Creative Commons Lizenzen eine „Share alike“-Pflicht hinsichtlich von Bearbeitungen der Datenbank, wobei die Lizenzierung auch unter einer vom Lizenzgeber als solchen bestimmten, kompatiblen Lizenz erfolgen darf. Die genauen Grenzen der „Share alike“-Verpflichtung sind so wenig bestimmt wie in den meisten Lizenzen dieses Typs, soll doch die Einfügung der Datenbank in eine „collective database“ keine entsprechende Pflicht nach sich ziehen. Wann die Datenbank im Rahmen einer solchen „collective database“ dennoch unabhängig bleibt, ist nicht näher definiert. Ziffer 4.7. enthält schließlich Regelungen für DRM-Systeme, worunter aber der Passwort-geschützte Zugang ausdrücklich nicht fallen soll.

Ziffer 5 sieht einen Verzicht auf das Droit moral vor, soweit das anwendbare Recht diesen zulässt. Ziffer 6 sieht einen Vorbehalt für gesetzliche Schranken des Urheberrechts und des Datenbankrechts vor. Ziffern 7 und 8 enthalten die üblichen Ausschlüsse der Gewährleistung und Haftung. Bei Anwendung deutschen Rechts dürften diese kaum Chancen auf eine gerichtliche Durchsetzung haben. Ziffer 9 regelt die Beendigung des Lizenzvertrags für den Fall eines Lizenzverstoßes vor. Die Regelung folgt weitgehend dem Modell von Ziffer 8 der GNU GPL Version 3.
Von Interesse ist schließlich die Rechtswahlklausel in Ziffer 10.4., welche das Recht des Staates für anwendbar erklärt, in dem die Lizenzbestimmungen durchgesetzt werden sollen. Die Klausel bietet verschiedene Interpretationsmöglichkeiten und verfehlt damit das Ziel, durch die vertragliche Wahl des anwendbaren Rechts Rechtssicherheit herzustellen. Denkbar ist zum einen, dass mit der Rechtswahl auf das Recht des Gerichtsstaats des Erkenntnisverfahrens abgestellt werden soll. Eine andere mögliche Lesart ist die Wahl des Rechts des Vollstreckungsstaates, in dem die Entscheidung aus dem Erkenntnisverfahren vollstreckt werden soll. Ein dritte mögliche Interpretation wäre schließlich, dass das Land der in Frage stehenden Urheber- und Datenbankherstellerrechte auch auf die vertragsrechtlichen Fragen angewendet werden soll. Dann würde sich „enforcement“ auf die betreffenden geistigen Eigentumsrechte beziehen. Die Autoren der ODbL sollten in der nächsten Version der Lizenz hier unbedingt nachbessern.

Die Kritik an einzelnen Punkten schmälert den positiven Gesamteindruck allerdings nur unwesentlich. Die Lizenz ist innovativ und treibt die Diskussion über die rechtliche Gestaltung der Freigabe von Datenbanken ein gutes Stück voran.