Jacobsen v. Katzer: US-Berufungsgericht erklärt Artistic License für bindend

Von Prof. Dr. Axel Metzger
 
In die gerichtliche Durchsetzung von Open Source-Lizenzen in den USA kommt Schwung. Der United States Court of Appeals for the Federal Circuit in Washington D.C., eigentlich Berufungsgericht für Patentverfahren, hat in der Rechtssache Jacobsen v. Katzer durch Urteil vom 13.08.2008 die Bedingungen der Artistic License Version 1 für rechtlich verbindlich erklärt. Verstöße gegen die Bedingungen der Lizenz seien zugleich Urheberrechtsverletzungen und nicht nur Verstöße gegen Vertragsklauseln.

Hintergrund:

Während sich die deutschen Gerichte schon mehrfach mit der Durchsetzbarkeit von freien Softwarelizenzen zu befassen hatten, setzen Projekte und Organisationen in den USA bislang zumeist auf das außergerichtliche „Enforcement“ der GPL und der anderen Lizenzen. Dies hat den Vorteil der niedrigen Kosten für die Beteiligten. Im Interesse der Rechtssicherheit wäre es allerdings wünschenswert, die gerichtliche Bestätigung der zentralen Lizenzen in der Hand zu halten. Die Entscheidung Jacobsen v. Katzer liefert hier nun einen wichtigen Baustein - jedenfalls für die Beurteilung der Artistic License. Diese ist vor allem von Bedeutung, weil sie für Perl und viele Perl-Module benutzt wird. Gegenstand der gerichtlichen Durchsetzung waren - wie auch in den bisherigen deutschen Fällen - die kleinen Pflichten aus OSS-Lizenzen, die Nennung der Urheber, die Aufnahme einer "copyright notice", Hinweise auf die vorgenommenen Änderung etc., nicht aber die (eingeschränkte) Copyleft-Klausel in Ziffer 3 a) der Lizenz.

Interessant an der Entscheidung ist, dass sie die Frage der vertraglichen Wirksamkeit der Lizenz stillschweigend voraussetzt. Die Bindung der Beklagten an die Lizenzbedingungen wird ohne Weiteres angenommen und wurde offenbar auch nicht bestritten. Das Gericht interessiert sich dementsprechend vor allem für die Folgen von Verstößen gegen die Lizenzbestimmungen. À propos Vertrag: auch wenn die Verhältnisse zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer nicht explizit als Vertrag bezeichnet werden, wendet das Gericht doch vertragsrechtliche Prinzipien auf die Lizenz an, insbesondere bei der Auslegung der Lizenzbestimmungen.

In der Berufungsinstanz ging es im Kern um die Frage, ob es sich bei den Bestimmungen der Artistic License um bloß vertragsrechtliche „covenants“ handelt, mit der Folge, dass ein Verstoß nur zu einer Vertragsverletzung führt, oder ob es sich um Bedingungen („conditions“) der Lizenzerteilung selbst handelt, so dass ein Verstoß zu einer Urheberrechtsverletzung führt. Das Gericht schloss sich hier der Auffassung der Kläger an. Die Lizenz lasse klar erkennen, dass die Lizenz insoweit bedingt erteilt worden sei. Verstöße gegen die Lizenzbestimmungen verletzten zugleich das Urheberrecht des Lizenzgebers.

Neben den harten juristischen Fakten ist die Entscheidung auch deswegen lesenwert, weil sich die Richter erstaunlich aufgeschlossen für das Lizenzmodell Open Source insgesamt zeigten: „Open source licensing has become a widely used method of creative collaboration that serves to advance the arts and sciences in a manner and at a pace that few could have imagined just a few decades ago.“ Die Idee vom geistigen Eigentum als Mittel zur Förderung der Wissenschaft und Künste ist gut bekannt - aus Artikel 8 der US-Verfassung.