Open Source Jahrbuch 2008 veröffentlicht

Von Benjamin Roger
 
Auch dieses Jahr zur CeBIT ist das – nunmehr fünfte – Open Source Jahrbuch erschienen. Neben gesellschaftlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit OSS gilt das Augenmerk auch der zunehmenden Etablierung als Geschäftsmodell, nicht ohne allerdings deren ökonomisch bedingte Grenzen aufzuzeigen. Es ergibt sich eine erfreuliche Vielfalt an insbesondere wirtschafts- und sozialpolitischen Erörterungen, verbunden mit zahlreichen Berichten aus der Praxis.

Hintergrund:

An dieser Stelle können naturgemäß nur, exemplarisch, Teile des Werks herausgegriffen werden.

Das erste Kapitel des Jahrbuchs zeigt Möglichkeiten der Partizipation an Open-Source-Projekten auf; dabei werden insbesondere Endanwender mit einbezogen, was andere Formen der Beteiligung impliziert als das Programmieren selbst. Diese reichen von bloßen Anregungen oder Wünschen bis zur institutionalisierten Form in dem noch jungen Cofundos, wo Interessenten gemeinsam Geld für erwünschte Projekte bereit stellen können.
Weiter widmet sich das Werk dem Erfolg von Open Source im Unternehmen und geht dabei der – bekannten – Frage nach, welche ökonomischen Anreize dafür bestehen. Der Beitrag von Bärwolff (S. 71 ff.) befasst sich mit deren Grenzen: der Autor betont die volkswirtschaftliche Bedeutung von (monopolistischer) Marktmacht, um Anreize für private Produktion zu schaffen. Er legt dar, dass Monopolelemente durchaus auch bei freien Softwareprojekten vorhanden sind – bedingt durch die Kontrolle über bestimmte (etwa marken-)rechtliche oder personelle Produktionsbedingungen. Dies sei allerdings bei freier Software nur in bestimmten, insbesondere serviceintensiven Bereichen gegeben, so dass die Anreize, „gute Software-Produkte als freie Software zu bauen, unvollständig“ blieben.
Der Nutzbarmachung von Open-Source-Elementen im Marketing gilt ein Beitrag von Wiedmann/Pankalla/Langner (S. 97 ff.) mit dem Titel „OS-Marketing“. Die Autoren untersuchen anhand kommerzieller Community-Projekte wie youtube oder flickr, was Nutzer dazu treibt, zum Marketing von Unternehmen beizutragen. Dabei werden unterschiedliche Motivationen untersucht – pragmatische, soziale, hedonistische -, denen gemeinsam ist, dass monetärer Nutzen nicht im Vordergrund steht – vielmehr die Nutzer bereit sind, um immaterieller, oder auch nur gefühlter Vorteile willen zu arbeiten. Dass eine solchermaßen in den Dienst kommerzieller Unternehmen gestellte Open-Source-Dynamik „im Sinne des Erfinders“ ist, mag man freilich bezweifeln.

Auch die Untersuchung des sozialen Prozesses „Open Source“ kommt nicht zu kurz (Kapitel 3). So stellen Tepe/Hepp den Begriff der „deterritorialen Vergemeinschaftung“ auf, womit ein Netzwerk „subjektiv gefühlter Zusammengehörigkeit (...) über verschiedene Territorien hinweg“ gemeint ist. Die Autoren beschreiben insbesondere die Motive von Entwicklern in ihren persönlichen (Ausprobieren, Anerkennung) und subpolitischen (Ablehnung der Kontrolle durch Unternehmen) Dimensionen. Dabei unterstreichen sie Parallelen zur ursprünglichen „Kultur des Internets“ in einer wissenschaftlichen „Gelehrten-Tradition“ mit ihren elitären Strukturen.

Gewissermaßen übergreifend behandelt Hemetsberger in ihrem Beitrag „Vom Revolutionär zum Unternehmer“ (S. 141 ff.) den Diskurs innerhalb der „Bewegung“, deren Mitglieder sie in „revolutionäre“, „romantische“, „radikal pragmatische“ und „skeptische“ teilt. Trotz dieser Vielfalt spricht sie von einer Gemeinschaft, der sie bemerkenswerten Erfolg dabei attestiert, innerhalb des Marktes eine schnellere und kreative Kooperation als die tayloristische Arbeitsteilung aufzuzeigen.

Zum Schluss sei noch auf den Beitrag von Picot hingewiesen (S. 233 ff.), welcher die deutsche Rechtsprechung zur GPL zusammenfasst. Diese, wenn auch im Detail nicht ganz einheitlich, geht von der Durchsetzbarkeit der Lizenz aus.