Vernor v. Autodesk: US-Urteil zum Weiterverkauf von Software

Von: Dr. Olaf Koglin

Der United States Court of Appeals for the Ninth Circuit hat in seinem Urteil Vernor v. Autodesk zu der Frage Stellung genommen, ob ein Erwerber von Software unter US-amerikanischem Recht Besitzer („owner“) der Kopie oder aber Lizenznehmer ist. Hintergrund für diese – in Deutschland nicht so zu formulierende Frage – ist u.a. die Trennung zwischen einem Vertrag und einer Lizenz(vereinbarung) unter US-Recht.

Der Fall ist mit der deutschen Diskussion zu Gebrauchtsoftware entfernt verwandt, wobei es bei Vernor v. Autodesk im Gegensatz zum vom BGH entschiedenen Fall um Vervielfältigungsstücke ging, die Autodesk als Verkäufer/Lizenzgeber selbst angefertigt hatte. Der eBay-Verkäufer Timothy Vernor hatte die Software-CDs von einem Architekturbüro aufgekauft, welches diese zusammen mit einer Lizenzvereinbarung von Autodesk erworben hatte. Autodesk wandte sich gegen den von Vernor durchgeführten Weiterverkauf auf eBay.

Die Unterscheidung zwischen einem „owner of a copy“ und einem Lizenznehmer ist dabei für die Rechte des Nutzers wesentlich: Der „owner“ hat Rechte unter der sog. first sale doctrine gem. § 109 (a) U.S. Copyright Act, die mit dem deutschen Erschöpfungsgrundsatz beim Verkauf von Werkstücken (genauer: beim in-den-Verkehr-bringen gem. § 17 Abs. 2 UrhG) vergleichbar ist. Hinzukommen bei Computerprogrammen Rechte nach § 117 (a) U.S. Copyright Act, die die Herstellung der Interoperabilität und das Anfertigen von Sicherheitskopien betreffen, also grob mit §§ 69d Abs. 2 und 69e UrhG vergleichbar sind.

Das erstinstanzliche Urteil sah den Erwerb als Verkauf im Sinne der first sale doctrine an und gestattete Vernor folglich den Weiterverkauf. Der Ninth Circuit als Berufungsgericht urteilte, dass der Softwarenutzer Lizenznehmer (und kein „owner“ der Kopie) ist, wenn kumulativ erstens der Rechteinhaber bestimmt, dass dem Benutzer eine Lizenz eingeräumt wird; er zweitens die Rechte des Nutzers zur Weitergabe der Software signifikant einschränkt; und er drittens wesentliche („notable“) Nutzungsbeschränkungen auferlegt.

Kritik an dem Drei-Stufen-Test des Berufungsgericht erwächst u.a. daran, dass dessen Voraussetzungen heutzutage in fast allen Fällen erfüllt sind: Bei praktisch jedem urheberrechtlich geschützten Werk, das in digitaler Form „verkauft“ wird, wird erwähnt, der Erwerber/Nutzer erhalte eine bestimmte „Lizenz“ (Voraussetzung Nr. 1). In deren Bedingungen wird in aller Regel auch aufgeführt, dass die Übertragung der „Lizenz“ nicht möglich oder zumindest erheblich eingeschränkt ist (Voraussetzung Nr. 2). Bleibt die dritte Voraussetzung, wonach die Lizenz bestimmte Nutzungsbeschränkungen beinhalten muss – und auch hieran hat das Berufungsgericht keine überhöhten Anforderungen gestellt. Übliche End User License Agreements, die einer verkauften Software-CD beigefügt sind, würden hiernach jeden „Verkauf“ zur „Lizenz“ machen und dadurch die first sale doctrine aushebeln.

Dem Ninth Circuit liegen derzeit noch weitere, ähnlich gelagerte Fälle vor. Spannend bleibt, wie die weiteren Entscheidungen zu diesem Themenkomplex – insbesondere durch den Supreme Court – aussehen werden.

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