Von: Olaf Koglin
Aus der vergangenen Woche gibt es von drei gleich interessante Themen zu berichten:
1. EU: Weiterhin unklare Strafvorschriften in der Zweiten Durchsetzungsrichtlinie (IPRED2)
Über den Status bei der Second Intellectual Property Enforcement Directive (Zweite Durchsetzungsrichtlinie oder kurz "IPRED2") wurde in der NdW vom 30.04.2007 ausführlich berichtet. Kritisiert wird in der Öffenlichkeit u.a., dass die zu harmonisierenden Straftatbestände sich zwar auf Taten der organisierten Kriminalität und gewerbsmäßigen Rechteverletzung beschränken sollte. Im jüngsten Entwurf seien bezüglich der Begriffe der Gewerbsmäßigkeit und der Privilegierung des "personal use" jedoch große Unklarheiten, die zur Rechtsunsicherheit bei privaten Nutzern führen würden. Kritik wurde auch an den unklaren Bestimmungen zur Beihilfe und Anstiftung sowie zu den besonderen Ermittlungs- und Beschlagnahmerechten laut.
In einem Vermerk der Präsidentschaft des EU-Rates - die bekanntlich zur Zeit bei Deutschland liegt - an die Arbeitsgruppe Materielles Strafrecht werden nach einer Zusammenfassung des bisherigen Standes und der Änderungen seitens des Europäischen Parlamentes die Punkte benannt, die weiter erörtert werden müssen. Dies sind unter anderem:
- Beschränkung des Scopes der Richtlinie auf sog. geistiges Eigentum (Urheberrecht) oder Einschluss von Patenten und gewerblichen Schutzrechten
- Definition der Straftaten (z.B. Fälscherei, Piraterie)
- Sog. Qualitative Beschränkung der Straftaten (z.B. hinsichtlich Gewerblichkeit, Erheblichkeit)
- Teilnahme an der Straftat (Anstiftung und Beihilfe) sowie Strafbarkeit des Versuchs
Nach einem von heise news zitierten Sprecher des Bundesjustizministeriums sind insbesondere der Scope der Richtlinie und die qualitative Beschränkung der Straftaten noch wichtige Diskussionspunkte; die Beratungen im Rat würden sich noch in einem Anfangsstadium befinden. Die IPRED2 wird also noch lange in den NdWs präsent sein.
2. Deutschland: Aufruf der Industrie zu Kappung der Urheberrechtsabgaben
Mit einem "Berliner Aufruf" haben die Interssenvertreter aus deutscher Industrie, IT-Gewerbe und Einzelhandel (BDI, BITKOM, ZVEI und HDE) anlässlich der bevorstehenden Entscheidung des Deutschen Bundestages zum "Zweiten Korb" der Reform des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft dazu aufgerufen, den Entwurf aus dem Kabinett ohne Änderungen von der Volksvertretung passieren zu lassen.
Kernthema ist die Pauschalabgabe auf kopierfähige Geräte wie Drucker, DVD-Brenner und Leermedien. Diese Abgabe ist in indirekter Weise die Legitimation für die Erstellung von Kopien für private bzw. eigene Zwecke und wird von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA oder der VG Wort "eingesammelt" und anschließend an die Urheber ausgeschüttet. Anders als die Verwertungsgesellschaften und die Verbände der Urheber und Rechteinhaber befürworten die Unterzeichner der Berliner Erklärung (wie auch das Kabinett) eine deutliche Beschränkung der Pauschalabgaben: Zum einen der Höhe nach auf einen "angemessenen prozentualen Verhältnis zum Gerätepreis" in Verbindung mit einer Obergrenze; zum anderen der Bewertungsgrundlage nach auf Geräte, die "in nennenswertem Umfang zum Kopieren geschützter Werke genutzt werden."
3. Media Markt: Geiz ist nicht mehr geil
Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung gestern berichtete, strebt der neue Chef der Media-Saturn-Holding GmbH, zu dem neben der Saturn-Kette auch die Media-Märkte gehören, ein "besseres Image für den Konzern und ein friedlicheres Verhältnis zur Konkurrenz" an. Demnach hat ein Konzernsprecher gegenüber der Zeitung bestätigt, die "Media-Saturn-Holding habe Rechtsanwalt Steinhöfel das Mandat entzogen", der laut der F.A.S. "im Auftrag des Media-Marktes Hunderte von kleinen Händlern mit Abmahnungen und Klagen überzogen hatte."
Das Berichtenswerte hierbei ist nicht, dass die Media-Märkte damit ein jahrelang liebevoll gepflegtes Bild ihrer selbst aufgeben - nicht nur in der kurzlebigen IT-Welt ist es völlig legitim, bisweilen seine Marketingstrategie zu überdenken. Juristisch interessant wird es auch noch nicht dadurch, dass Rechtsanwalt Steinhöfel involviert ist, dem manche IT-Mittelständler einen bestimmten Ruf nachsagen.
Das Pikante daran ist vielmehr, wer diese Entscheidung getroffen hat. Denn früheren Presseberichten zu Folge wurde ein einzelner Verstoß eines Wettbewerbers bisweilen parallel von mehreren Media-Märkten abgemahnt - mit der Folge, dass für den Abgemahnten für ein und dieselbe Sache gleich mehrfach die Abmahn- und ggf. Gerichtskosten anfielen. Den Berichten zu Folge sei dies nur möglich gewesen, weil die einzeln abmahnenden Media-Märkte jeweils rechtlich eigenständig und nach eigener Darstellung von der Konzernmutter bezüglich der Abmahnungen nicht zentral gesteuert gewesen seien.
Mit diesen Berichten verträgt es sich schwer, wenn nun das Ende der Abmahn-Ära zentral von der Holding vorgegeben wird und scheinbar sowohl die Mandatierung einzelner Anwälte als auch das juristische Vorgehen gegen Wettbewerbsverstöße von Mitbewerbern nicht in der alleinigen Entscheidungsgewalt der einzelnen Media-Märkte liegt. Vielleicht gehen einige der früher Betroffenen nun sogar so weit, unter dem Aspekt des Prozessbetrugs zum Gegenangriff zu blasen.
Weitere Links:
Zur IPRED2: Pressemitteilung der FSFE
Zu Media-Markt: Wikipedia (m.w.N.), Blog Rainer sacht, Spiegel online, FAZ: "Die größte Sauerei des Jahres"